Wer bei Zugverspätungen einfach einen Ersatzflug bucht, bleibt auf den Kosten sitzen. Er könne in diesem Fall mit keiner Erstattung rechnen, teilte das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland am Donnerstag in Kehl am Rhein mit.
Bei den Fahrgastrechten, so das von der Europäischen Union finanzierte Verbraucherzentrum, passiere in der ersten Stunde Verspätung „zunächst nichts“. Ab einer Verspätung von 60 Minuten greife die Europäische Fahrgastrechteverordnung: Sie sehe eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises vor, nach zwei Stunden seien es 50 Prozent. Es gebe jedoch mehrere Fälle, in denen das Bahnunternehmen keine Entschädigung zahlen müsse. Dies gelte, wenn die Verspätung auf höhere Gewalt zurückgehe, etwa ein Unwetter, auf das Fehlverhalten Dritter, wie Personen auf den Gleisen oder Sabotage, oder wenn der Fahrgast durch sein eigenes Fehlverhalten an der Verspätung schuld sei. Streiks des Bahnpersonals fielen aber nicht unter den Begriff der höheren Gewalt.
Bei Zugverspätungen hätten Reisende auch ein Recht auf Umbuchung. Bei der Deutschen Bahn sei innerhalb der Landesgrenzen bei mehr als 20 Minuten Verspätung eine Zugbindung des Fahrscheins automatisch aufgehoben. Dann könne der Fahrgast jeden anderen Zug nehmen, sofern er nicht reservierungspflichtig sei. Bei anderen Zugunternehmen gelte: Komme dieses der Aufforderung nach Umbuchung innerhalb von 100 Minuten nach planmäßiger Abfahrt nicht nach, könnten Passagiere die Umbuchung selbst organisieren und die Kosten in Rechnung stellen. Allerdings nur für Zug oder Bus, nicht für Mietwagen oder Flug.
Vorsicht ist laut dem Europäischen Verbraucherzentrum bei Anschlussreisen mit verschiedenen Unternehmen geboten. Auch wenn sie über ein einziges Portal gebucht werden, könne es sich um „getrennte Beförderungsverträge“ handeln. Werde etwa wegen einer Verspätung der französischen SNCF in Paris der DB-Anschluss verpasst, hafte keines der beiden Unternehmen. Es sei deshalb ratsam, genügend Zeitpuffer einzuplanen.
Strande ein Reisender wegen einer Verspätung unterwegs und fährt am selben Tag kein Zug mehr, stehe ihm ein Hotel zu. Das Verbraucherzentrum empfiehlt aber, als ersten Schritt zuerst das Bahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber um Hilfe zu bitten – um nicht auf den Kosten sitzenzubleiben. Alle Ansprüche würden zudem nur für Einzelfahrscheine gelten: Für Abonnements könnten Beförderer eigene Entschädigungsbedingungen festlegen. (1440/27.06.2024)