Wie lange kann Papst Franziskus sein Amt noch ausüben? Auch wenn es ihm wieder besser geht, verstummen die Debatten nicht. Aber eigentlich läuft das Gerangel hinter den Kulissen schon sehr viel länger, sagt ein Experte.
Nach Ansicht des Vatikan-Experten Marco Politi hat der Kampf um die Nachfolge des kranken Papstes Franziskus schon lange begonnen. Schon seit dessen Wahl 2013 herrsche in der Kirche “ein heftiger Bürgerkrieg”, sagte er am Wochenende im Interview des Portals katholisch.de.
Vor allem viele Konservative seien von Beginn an gegen Franziskus gewesen, fügte er hinzu – “gerade wegen der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene”. Sie wollten keinen Frauendiakonat und verlangten, dass der Pflichtzölibat bleibt, seien gegen die Segnung homosexueller Paare. “Aber sie wissen”, so Politi, “wenn es zum Konklave kommt, kann man nicht so sehr mit extremistischen Parolen schreien; da muss man vorsichtiger sein.”
Alles in allem seien die konservativen Kardinäle sehr viel besser organisiert, auch wenn sie nicht in der Mehrheit seien. Die große Mitte bilde eine Gruppe von Kardinälen, die verschiedenen Richtungen angehörten und die theologische Linie von Franziskus unterschiedlich betrachteten, so Politi weiter: “Manchmal sind sie offen, vielleicht für die Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen; aber dann sind sie zum Beispiel gegen die Segnung homosexueller Paare.”
In den vergangenen Jahrzehnten habe es “eine Schwächung der reformorientierten Bischöfe und Kardinäle gegeben”, ergänzte der Experte. Als Beispiel für die “Passivität der Reformkräfte” nannte er das Reformprojekt der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg.
“Mit der Diskussion, die dort angestoßen wurde, war die Kirche in Deutschland sozusagen an der Spitze der internationalen Reformbewegung. Aber man hat so wenige Stimmen aus anderen Bischofskonferenzen gehört, die zum Beispiel gesagt haben, sie sind einverstanden oder sie sind nicht mit allem einverstanden.” Dabei sei es gut, dass die vielen Themen diskutiert würden. Gerade hier habe man gesehen, dass die ablehnenden Kräfte lauter und besser organisiert gewesen seien.
Dass Franziskus an die Ränder der Weltkirche gehen wollte, sei sehr positiv zu bewerten, meint Politi: “Aber die Katholiken in Frankreich, Deutschland, Österreich, England oder auch Spanien sind heute auch an den Rändern.” Die Krise von Kirche und Glauben sei gerade in Europa stark: “Es fehlen immer mehr Priester; es gehen immer weniger junge Menschen ins Priesterseminar, es fehlen auch Ordensfrauen. Es fehlt auch an Gläubigen, und deshalb hätte Franziskus auch diese Länder besuchen sollen.”