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Vanille, Zimt oder Tannengrün: wie riecht Weihnachten?

Auf dem Weihnachtsmarkt, in Geschäften oder im eigenen Zuhause: Vielerorts liegen derzeit besondere Düfte in der Luft. Ein Geruchsforscher erklärt, was durch deren Wahrnehmung passiert.

Einen "universellen Weihnachtsgeruch" gibt es laut dem Bochumer Geruchsforscher Hanns Hatt nicht
Einen "universellen Weihnachtsgeruch" gibt es laut dem Bochumer Geruchsforscher Hanns Hatt nichtImago / Pond5 Images

Sobald eine weihnachtliche Stimmung aufkommt, schnuppert jede Nase mehr oder weniger bewusst nach den altbekannten Düften. Riecht es schon nach Vanille, nach Zitrusfrüchten oder Äpfeln? Wer auf den Weihnachtsmarkt geht, wird unter anderem mit dem Duft von gebrannten Mandeln und von rotem Glühwein mit Zimt und Gewürznelke belohnt. Und doch ist nicht für jeden Menschen jeder dieser Gerüche mit Weihnachten verbunden.

Denn einen “universellen Weihnachtsgeruch” gibt es laut dem Bochumer Geruchsforscher Hanns Hatt nicht. Hierfür seien kultureller Hintergrund und persönliche Erfahrungen insbesondere in der Kindheit ausschlaggebend. Beispielsweise hänge es davon ab, was die Eltern sagten, was gut rieche oder eben nicht. Und von anderen Erlebnissen: etwa vom Lebkuchenduft, der aus der Küche strömte. Wer ihn erlebt hat, verknüpft damit das warme Wohlgefühl, das damals aufkam – und das jedes Jahr wieder.

Duftete es nach Tannenbaum oder geschmolzenem Kerzenwachs, als endlich die Geschenke aufgepackt werden durften? “Die Situation wird abgespeichert und der Duft danach bewertet”, erklärt Hatt. In seinem Fall sei es der Duft der Weihnachtsgans, der bei ihm Erinnerungen an familiäre Feiertage wachruft – und der Geruch von Mandarinen, da es dieses Obst in der Kindheit des 77-Jährigen nur zu Weihnachten gab.

Weihnachtsdüfte: Direkter Draht zwischen Nase und Gehirn

Gerüche seien häufig mit intensiven emotionalen Erfahrungen verknüpft, da Nase und Gehirn sehr direkt miteinander verbunden seien, sagt Hatt. Die Riechzellen der Nase erreichen seiner Erläuterung nach mit nur einer Umschaltstelle im Riechkolben die besonders alten Hirnregionen – das Gedächtniszentrum, den Hippocampus, und das Gefühlszentrum, genannt limbisches System.

Konkret sieht das laut Hatt folgendermaßen aus: Menschen haben 20 Millionen Riechzellen in der Nase, die durch einen dünnen Nervenfortsatz durch die Schädeldecke in den Riechkolben führen. Dort werden die Düfte analysiert und die Information über zwei dicke Faserstränge direkt in das Gedächtnis- und Emotionszentrum weitergeleitet. Dort lösen sie Erinnerungen und Gefühle aus.

Mit Weihnachten werden häufig bestimmte Düfte verbunden
Mit Weihnachten werden häufig bestimmte Düfte verbundenImago / Westend61

Dass Weihnachtsdüfte in der Regel positiv bewertet werden, hänge also mit schönen Erinnerungen zusammen; die Gerüche riefen positive Stimmungen und Bilder hervor. Das wird wiederum erfolgreich im Marketing eingesetzt: “Wir können ja auch in Geschäften Weihnachten riechen, überall wird versucht, Weihnachtsstimmung bei Kunden hervorzurufen”, sagt Hatt. Studien hätten nachgewiesen, dass Kunden sich länger in Läden aufhalten, wenn der Geruch für sie angenehm und passend war. Und wer länger bleibe, sehe auch mehr Dinge, die er kaufen wolle.

Gerüche können auch negativ besetzt sein

Übrigens: Vanilleduft empfinden rund 90 Prozent der Menschen positiv, da er bereits in der Muttermilch vorkomme, erklärt Hatt. Die Gerüche von Tannenzweigen oder gebackenen Plätzchen seien für viele typische Düfte aus der Weihnachtszeit, die eine emotionale Reaktion auslösen. Doch nicht immer sind diese Gerüche mit positiven Gefühlen verbunden. Menschen, die negative Weihnachtserlebnisse gemacht haben, etwa durch Konflikte in der Familie, können laut Hatt den typischen Weihnachtsduft mit unangenehmen Erinnerungen verbinden. Der Geruch wird dann zu einem Trigger für weniger erfreuliche Emotionen.