Rund 160 Milliarden Dollar flossen 2024 aus den USA nach Lateinamerika. Nun will die US-Regierung die Überweisungen der Migranten besteuern. Was das für Familien in Mexiko und Co bedeutet – und was Experten befürchten.
Die Summen sind enorm: Laut Interamerikanischer Entwicklungsbank wurden im Jahr 2024 rund 160 Milliarden US-Dollar aus den USA in Richtung Lateinamerika überwiesen. Das waren noch einmal fünf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei handelt es sich um die sogenannten Remesas, also Überweisungen von in den USA lebenden Migranten an ihre Familien in den Ursprungsländern.
Für einige Länder sind diese Überweisungen längst unverzichtbarer Bestandteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das meiste Geld nach Lateinamerika wird aus den USA nach Mexiko überwiesen: 65 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr – ein neuer Rekord. Guatemala erhielt rund 21 Milliarden US-Dollar, ebenfalls eine neue Höchstmarke, die zugleich etwa 20 Prozent des BIP ausmacht.
Nun erwägen die USA, diese Überweisungen mit fünf Prozent zu besteuern. Das wären bei rund 160 Milliarden US-Dollar etwa acht Milliarden US-Dollar, die in die amerikanische Staatskasse fließen würden. Geld, das dann in den lateinamerikanischen Familien fehlen würde. Die USA kritisieren, dass die “Kapitalflucht” den Binnenkonsum schädige, weil das in den USA verdiente Geld dem Markt entzogen werde. Die aktuelle große Schuldenlast der Vereinigten Staaten dürfte bei der Suche nach neuen kreativen Einnahmemöglichkeiten allerdings auch ihren Anteil an der Debatte haben.
In Lateinamerika lösten die Pläne naturgemäß wenig Begeisterung aus. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum sagte in dieser Woche, der Vorstoß sei unfair und diskriminierend: “Die Mexikaner zahlen dort bereits Steuern”, betonte Sheinbaum. Sie verwies darauf, dass es sich bei den Überweisungen um bereits in den USA versteuertes Geld handele.
“Die Rücküberweisungen sind das Ergebnis der Bemühungen derjenigen, die durch ihre ehrliche Arbeit nicht nur die mexikanische Wirtschaft, sondern auch die der Vereinigten Staaten stärken, weshalb wir diese Maßnahme für willkürlich und ungerecht halten”, sagte Sheinbaum. Sie forderte die USA auf, die Entscheidung zu überdenken: Die Maßnahme würde “der Wirtschaft beider Nationen schaden. Und es widerspricht auch dem Geist der wirtschaftlichen Freiheit, den die US-Regierung zu verteidigen vorgibt.”
Das mexikanische Parlament verwies auf die Gefahr, dass die Erhebung von Steuern “die Nutzung regulärer und formeller Kanäle verhindern und viele Migranten dazu zwingen würde, Alternativen außerhalb des Finanzsystems zu suchen, um ihren Familien Geld zu schicken”. Kurzum: Steuern auf die Remesas wären ein Booster für einen Finanz-Schwarzmarkt.
Der Vorstoß ist Teil einer aktuellen Initiative der Regierungspartei von US-Präsident Donald Trump. Laut Medienberichten sieht die Gesetzesvorlage vor, dass der Absender die Steuer von fünf Prozent bei der Überweisung entrichten muss. Die Steuer einziehen müssten dann die auf Auslandsüberweisungen spezialisierten Unternehmen wie Western Union und Moneygram. Vierteljährlich müssten die Finanzdienstleister die eingesammelten Steuern dann an die US-Regierung überweisen.