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Urteil: Für Bürgergeld keine lückenlose Behördenmeldung nötig

Jobcenter dürfen EU-Bürger nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland nicht vom Bürgergeld ausschließen. Für den Anspruch auf diese Sozialleistung ist es nicht zwingend erforderlich, dass der rechtmäßige Aufenthalt bei den Behörden lückenlos gemeldet war, bekräftigte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel seine bisherige Rechtsprechung in einem am Donnerstag bekanntgegebenen Urteil vom Vortag. (AZ: B 4 AS 12/23 R

Geklagt hatte eine Polin und ihr 2018 in Deutschland geborener Sohn. Die Frau war vom 20. April 2015 bis 7. September 2016 und dann wieder ab 7. Juli 2017 behördlich gemeldet. Bis Mitte 2017 arbeitete sie als Prostituierte.

Auf ihren am 21. Februar 2020 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld II gewährte das Jobcenter Köln vorläufige Leistungen, lehnte dann aber ab dem 1. Dezember 2020 die Fortzahlung ab. EU-Bürger, die ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland allein wegen der Arbeitsuche haben, stehe kein Arbeitslosengeld II zu, lautete die Begründung.

Den Einwand der Frau, dass sie seit mindestens fünf Jahren in Deutschland lebe und allein deswegen einen Hilfeanspruch habe, wies das Jobcenter zurück. Es bestünden Meldelücken, sodass ein fünfjähriger Aufenthalt in Deutschland ohne Unterbrechung nicht nachgewiesen sei. Sie habe ihre Tätigkeit als Prostituierte nicht ordnungsgemäß angegeben, sodass von einer Niederlassung in Deutschland und einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht auszugehen sei, so das Jobcenter.

Das BSG urteilte nun jedoch, dass die Frau dem Grunde nach Anspruch auf Hilfeleistungen vom Jobcenter habe. Dem zweijährigen Sohn stehe Sozialgeld zu. Die Kasseler Richter verwiesen auf ein BSG-Urteil vom 20. September 2023, wonach EU-Bürger nach einem fünfjährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland das frühere Arbeitslosengeld II beziehungsweise das heutige Bürgergeld erhalten können, auch wenn die Aufenthaltsmeldung bei den Behörden Lücken aufweise. Hier habe die Klägerin nach Befragung ihrer Stammkunden belegen können, dass sie sich mindestens fünf Jahre in Deutschland aufgehalten habe.