Einen antiken True-Crime-Fall mit 200 Toten präsentiert das Archäologische Museum Frankfurt. In der antiken Stadt Scupi wurden Männer gefunden, die vor mehr als 1.500 Jahren getötet wurden – ein Massenmord.
Knochen, Schädel und Skelett-Fragmente stehen im Zentrum einer neuen Ausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt. “Die dunkle Seite Roms. Das Massengrab von Scupi” widmet sich einer bislang nicht aufgeklärten Massenhinrichtung in der römischen Stadt Scupi – nahe dem heutigen Skopje in der Republik Nordmazedonien. Bis zum 15. Juni können Besucher darüber spekulieren, was zu dem schrecklichen Ereignis geführt haben könnte; bis heute konnten Wissenschaftler das Rätsel nicht lösen.
Es handelt sich um einen antiken True-Crime-Fall: Im Jahr 2011 wurden in einem Graben rund 200 getötete Männer gefunden. Grabbeigaben oder Kleidungsreste konnten nicht festgestellt werden. Die Opfer wurden nach Angaben der Ausstellungsmacher wohl größtenteils enthauptet. Halswirbel und Schädel sowie Schädelteile in der Frankfurter Schau zeugen davon. Präsentiert werden zudem Ergebnisse interdisziplinärer Untersuchungen der Skelette und plastische Porträt-Rekonstruktionen.
“Das Enthaupten galt als ehrenvolle Art einer Hinrichtung”, erklärte der leitende Museumsdirektor Wolfgang David bei der Eröffnung der Ausstellung. “Waren die Männer Verteidiger der Stadt Scupi oder standen sie auf einer falschen Seite – vielleicht wird man das nie herausfinden.” Möglicherweise handelte es sich um Deserteure einer Armee. Sicher sei jedoch eines: Es waren nach Ansicht des Historikers Römer, die diese Römer hinrichteten.
Damit lasse sich eine Brücke von der Antike in die Neuzeit schlagen. Heute seien etwa in der Ukraine Forensiker tätig, um im Krieg gewaltsam getötete Personen zu untersuchen und Beweise zu sichern. Auch Massengräber aus dem spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) würden noch erforscht. Massengräber seien ein Zeichen von politischer Gewalt oder Kriegsverbrechen.
Die Scupi-Toten wirken wie weggeworfen. “Es war in jedem Fall ein Massenmord”, betonte David auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Einen religiösen Hintergrund halte er für historisch unwahrscheinlich. Das antike Verbrechen ereignete sich nach Einschätzung der Experten im dritten oder im frühen vierten Jahrhundert, als das Gebiet Teil des Römischen Reichs war. Die sei eine Epoche gewesen, die von inneren Konflikten und Machtkämpfen geprägt war.
Aus Sicht des Direktors des Museums der Stadt Skopje, Pance Velkov, zeigt der Fund die dunkle Seite des Römischen Reichs, das oft idealisiert dargestellt werde. Auch er betonte, dass der bislang ungelöste Fall womöglich niemals aufgeklärt werde. Proben aus dem Erbmaterial der Getöten wurden nicht entnommen, denn es fehle an Vergleichsdaten für einen entsprechenden Abgleich.
Die Stadt Scupi gilt als ein bedeutendes zeitgenössisches Zentrum und ist heute mit mehr 40 Hektar Fläche aus Sicht Davids “eine archäologische Sehenswürdigkeit ersten Ranges”. In der Spätantike war die Stadt demnach ein machtvoller Teil der christlichen Ökumene und wurde als Bischofssitz und Metropolitankirche der Provinz Dardania bestätigt.
Die Frankfurter Schau wurde in Zusammenarbeit mit dem Museum der Stadt Skopje realisiert. Zuvor war sie außer in Nordmazedonien bereits in Serbien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina zu sehen.