Die Gemeinden der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU) leiden enorm unter dem kriegsbedingten Mitgliederschwund. „Es gibt Gemeinden, wie meine Haupt-Gemeinde in Petrodolinske (Anm. d. Red.: Peterstal), dort haben seit Kriegsbeginn etwa 80 Prozent der Gemeindeglieder die Region verlassen“, sagte der dortige Pfarrer und Präsident der DELKU-Synode, Alexander Gross, am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Durch den kriegsbedingt nochmals verschärften Pfarrer- und Diakonen-Mangel ist Gross inzwischen für fünf Gemeinden in der Südostukraine zuständig.
„Die Situation war schon in den Jahren vor dem russischen Angriffskrieg nicht einfach“, erläuterte Gross und erinnerte an den jahrelangen innerkirchlichen DELKU-Konflikt mit dem inzwischen entlassenen Bischof Serge Maschewski. Inzwischen aber finde vielerorts keine Sonntagsschule mehr statt, die Kinder- und Jugendarbeit liege brach. „Wir machen derzeit vor allem aufsuchende Sozialarbeit“, sagte Gross. Die wenigen verbliebenen Haupt- und Ehrenamtlichen versorgten gerade Menschen in Gemeinden entlang der Frontlinie mit Kleidung und Lebensmitteln, „aber natürlich auch mit geistlichem Beistand in diesen schweren Zeiten“, sagte Gross.
Die DELKU wird derzeit von vielen Einzelinitiativen lutherischer Kirchengemeinden in ganz Europa unterstützt, aber auch institutionelle Hilfe vom landeskirchlichen Gustav-Adolf-Werk und dem Martin-Luther-Verein und Martin-Luther-Bund in Bayern, mehreren Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder auch dem Martin-Luther-Bund aus der Schweiz gebe es. „Am meisten kann man uns derzeit mit Geldspenden unterstützen“, sagte Gross. Denn dann könnten DELKU-Vertreter „vor Ort das Benötigte einkaufen und so auch die vom Krieg stark gebeutelte Wirtschaft vor Ort ein wenig unterstützen“, sagte er. Aber auch Hilfstransporte seien eine wichtige Stütze für die Menschen.
Gross berichtete auch von den schweren russischen Angriffen in der Nacht zu Montag (25. September). Die ukrainische Luftabwehr habe elf von zwölf konventionellen russischen Raketen abfangen können, doch gegen die beiden Hyperschall-Raketen habe das ukrainische Militär keine Chance, sagte der Theologe. Hauptziel der Angriffe seien „wieder einmal vornehmlich zivile Ziele“ gewesen, aber auch der Hafen von Odessa. Dort seien wieder die Terminals bombardiert worden, von denen aus die Ukraine ihr Getreide in alle Welt verschifft. „Gott sei Dank ist bei diesen Angriffen nach meinem Wissen kein Mensch getötet worden“, sagte Gross.
Zur DELKU gehörten ursprünglich 24 Gemeinden, die weit verstreut im Land liegen. Wegen der innerkirchlichen Querelen bis zur Neubesetzung des Bischofspostens im Jahr 2019 und dem Angriffskrieg Russlands sind die Zahl der Gemeinden und der Mitglieder in den vergangenen Jahren stark gesunken. Die DELKU hat traditionell starke Verbindungen nach Bayern, von 1992 bis 2014 stellte die bayerische Landeskirche auch den Bischof der DELKU. (00/3108/25.09.2023)