Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin rechnet nicht damit, dass zwischen der Ukraine und Russland bald ein Frieden geschlossen werden könne. „Wir sind ziemlich weit von einer Verhandlungslösung entfernt“, sagte der Chefdiplomat des Vatikans laut Vatikannews während seiner sechstägigen Reise in die Ukraine, die am Mittwoch zu Ende gegangen ist. Er hoffe dennoch, dass andere Formeln gefunden werden könnten, die einen Hoffnungsschimmer eröffneten. Um den Frieden zu fördern, bedürfe es „kreativer diplomatischer Ansätze“. Am Dienstag hatte Parolin unter anderen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen.
Parolin war vergangenen Freitag als Sondergesandter des Papstes in die Ukraine gereist. Offizieller Anlass der Reise war die Abschlussmesse im Marienwallfahrtsort Berdytschiw am Sonntag. Ein zentrales Anliegen des Besuches war es aber auch, „die Aufmerksamkeit für den Krieg wach zu halten, damit er nicht zu einem weiteren vergessenen Konflikt wird“, sagte Parolin in einem am Dienstagnachmittag veröffentlichten Interview mit vatikanischen Medien. Auch wenn der Krieg im „Herzen Europas“ tobe, warnte Parolin vor der Gefahr, dass er zu einer bloßen Nachricht herabgestuft werden könne.
Über den Kurznachrichtendienst X teilte der Vatikan am Dienstag mit, Parolin habe Präsident Selenskyj der Nähe von Papst Franziskus versichert. Dieser engagiere sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden für die „gemarterte Ukraine“. Thema des Gesprächs war laut ukrainischem Präsidentenbüro auch die schwierige humanitäre Lage in dem Land. „Das ist ein starkes Signal, vielen Dank für diese Unterstützung“, sagte Selenskyj über den Besuch des Kardinals, wie aus einem Video von dem Treffen hervorgeht, das der Vatikan veröffentlicht hat.
In Kiew hat Parolin am Dienstag auch das am 8. Juli durch einen russischen Raketenangriff schwer beschädigte Kinderkrankenhaus Ochmadyt besucht und dort mit Patienten und dem Personal gesprochen. Bei dem Angriff waren zwei Menschen ums Leben gekommen, zahlreiche waren verletzt worden. Besonders die Begegnungen mit Müttern, die ihre Kinder im Krieg verloren haben, hätten ihn tief getroffen, sagte Parolin in einem Fazit über seinen Besuch in der Ukraine. Seine Eindrücke und Erlebnisse will Parolin nun nach seiner Rückkehr nach Rom Papst Franziskus weitergeben.