Das UN-Kinderhilfswerk Unicef fordert, die Bildung und den Schutz von Kindern bei den Beratungen über den Wiederaufbau in der Ukraine in den Mittelpunkt zu stellen. Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssten in die Bildung und Zukunft der jungen Menschen in dem Land investieren, erklärte Unicef am Montag mit Blick auf die internationale Ukraine-Wiederaufbaukonferenz 2024 in Berlin. Die Hilfsorganisation Care forderte, die Beteiligung ukrainischer Frauen und Mädchen an allen Wiederaufbauprozessen sicherzustellen.
Auf der Konferenz am Dienstag und Mittwoch in Berlin soll unter anderem weitere internationale Unterstützung gesichert werden. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert bereits seit mehr als zwei Jahren an.
Kinder und Jugendliche in der Ukraine bräuchten Unterstützung, „um Lernstoff nachzuholen, die schrecklichen Erfahrungen des Krieges zu verarbeiten und trotz aller Herausforderungen ihre Zukunft zu gestalten“, betonte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider. Der Krieg habe katastrophale Auswirkungen auf ihre Bildung und Zukunftschancen. Für rund 860.000 Kinder in der Ukraine sei Präsenzunterricht wegen der Gewalt nicht möglich, insbesondere in den Frontgebieten. Zusammen mit den Lernverlusten aus der Covid-19-Pandemie seien Kinder in der Ukraine seit mehr als vier Jahren mit Schulunterbrechungen konfrontiert.
Unicef forderte zudem, soziale Schutzsysteme in der Ukraine zu stärken, damit Kinder und Jugendliche in einem sicheren und fördernden Umfeld aufwachsen könnten. Besonders vertriebene Kinder und junge Menschen mit Behinderung bräuchten gezielte Unterstützung. Wichtig seien psychosoziale Unterstützung und frühe Krisenintervention, betonte die Organisation und rief zu entsprechenden Investitionen auf.
Die stellvertretende Länderdirektorin des Hilfswerks Care in der Ukraine, Franziska Jörns, nannte die „maßgebliche und direkte Beteiligung von Frauen, Mädchen und marginalisierten Gruppen“ an allen Entscheidungsprozessen einen Schlüssel zur Gestaltung einer gerechten, integrativen und effektiven Wiederaufbauplanung. Geschlechtergerechtigkeit sei auf den letzten beiden Konferenzen in London 2023 und Lugano 2022 kaum thematisiert worden. Auch in den Wiederaufbauplänen, die von Geberregierungen und internationalen Organisationen formuliert wurden, fehlte sie weitgehend, wie Jörns kritisierte.
Doch seien es insbesondere ukrainische Frauenrechtsorganisationen, die sich für die Bedürfnisse der am stärksten gefährdeten Gruppen, darunter Frauen und Mädchen, einsetzten und wichtige Hilfe für Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt leisteten. Es sei daher dringend notwendig, diese lokalen Organisationen zu unterstützen, erklärte Care.
Care verwies auf die ukrainische Juristinnen-Vereinigung JurFem als eine der Partnerorganisationen, die an der Wiederaufbaukonferenz teilnehmen. Khrystyna Kit, Vorsitzende von JurFem, nannte es eine zentrale Frage, wie die Rechte von Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt beim Wiederaufbau gestärkt werden können. Psychologische und medizinische Hilfen seien wichtig, reichten aber nicht aus. Überlebende benötigten auch wirtschaftliche Unterstützung und müssten in soziale Programme einbezogen werden.