Jahrzehntelang hat der Vatikan mit anderen christlichen Kirchen theologische Dialoge geführt. Nun hat er erstmals Vorschläge für ein verändertes Papstamt gemacht. Erste Reaktionen sind überwiegend positiv.
Die neuen Vorschläge der vatikanischen Ökumene-Behörde für eine veränderte Sichtweise und Ausübung des Papstamtes haben überwiegend positive Reaktionen hervorgerufen. Nach der Vorstellung des Dokuments “Der Bischof von Rom” am Donnerstag sagte der Vertreter der Armenisch-Apostolischen Kirche in Rom, Erzbischof Khajag Barsamian, das Dokument werde von jetzt an ein Referenzpunkt für die Gespräche zwischen den Kirchen sein.
Zwischen den Kirchen könne es “eine gewisse Form von Synodalität geben, auch wenn noch nicht die völlige kirchliche Einheit bestehe”. Der Erzbischof schlug vor, das Dokument und weiterführende Perspektiven beim 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa im kommenden Jahr zu vertiefen.
Für die Kirche von England begrüßte der anglikanische Erzbischof Ian Ernest das Dokument als einen großen Erfolg. Der persönliche Repräsentant des Erzbischofs von Canterbury in Rom sagte, das Papier eröffne neue Perspektiven für die Beziehungen unter den Kirchen mit Blick auf den Papstprimat.
Die katholische Kirche rief er auf, die Anregungen des Papiers aufmerksam wahrzunehmen. Unter den Vorschlägen aus dem Vatikan sei die Idee einer “Neuformulierung” der Lehren des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/70) über den Papstprimat besonders wichtig. Bislang sei dies einer der größeren Stolpersteine zwischen den Kirchen.
Die evangelisch-lutherische Kirche in Deutschland (VELKD) sieht in dem Vatikan-Papier “wichtige Anregungen für die Ökumene”. Der Referent der Kirche für Catholica-Arbeit und Ökumenearbeit, Johannes Dieckow, sagte, der in dem Papier genannte Vorschlag einer interkonfessionellen Synode der christlichen Kirchen unter dem Vorsitz des Papstes sei “interessant”. Mit Blick auf das Jubiläum des Konzils von Nicäa könnte in einem ökumenisch-synodalen Zusammentreffen eine Chance liegen.
Weiter sagte er: “Wir werden ökumenisch durchbuchstabieren müssen, was es bedeutet, dass der Dienst des Bischofs von Rom eingebettet ist in synodale Beratungs- und Entscheidungsprozesse der ganzen Kirche.” Als großen Stolperstein bezeichnete er das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit aus dem Jahr 1870.
Ein Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) erklärte, es sei “grundsätzlich zu begrüßen, dass sich der Vatikan mit dem Gedanken auseinandersetzt, das Amt des Bischofs von Rom in stärker ökumenisch verbindender Weise zu denken. Voraussetzung aus evangelischer Sicht wäre aber ein grundsätzlicher Wandel im Verständnis des römischen Bischofsamtes, der in dem Studiendokument intendiert ist.” Zugleich betonte der Sprecher: “Für mögliche Konsultationsformate zwischen dem Bischof von Rom und Vertreterinnen und Vertretern nicht katholischer Kirchen besteht generell eine ökumenische Offenheit.”
Die katholischen Bischöfe Deutschlands würdigten den Text als “wichtigen Impuls für den ökumenischen Dialog”. Der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Feige, erklärte, er erwarte sich von den Anregungen des Papiers “eine neue Dynamik” für die innerkatholische Klärung und für die ökumenische Diskussion. Feige begrüßte, dass das Dokument für die Zukunft regelmäßige Treffen der Patriarchen und Kirchenleitungen vorschlage: “Auf diese Weise würde die Synodalität zwischen den Kirchen gestärkt und ein sichtbares ökumenisches Zeichen gesetzt.”
Eher skeptisch äußerte sich der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf. “Die Revolution ist ausgeblieben”, sagte er. Positiv an dem Text sei, dass ein römisches Dokument erstmals die abweichenden Haltungen der übrigen christlichen Kirchen zur Vorrangstellung des Papstes mit großer Wertschätzung veröffentliche. Allerdings enthalte das Papier keine rechtlichen Vorschläge, wie das Papstamt konkret anders ausgeübt werden könnte.
Zwar plädiere der Text dafür, das Unfehlbarkeitsdogma im Licht der Synodalität zu interpretieren. Auf der anderen Seite halte das Dokument an den Beschlüssen zum Primat des Papstes und zur päpstlichen Unfehlbarkeit fest. Im Übrigen könne nur der Papst selbst als Inhaber der höchsten Vollmacht seine eigene Vollmacht beschränken.