In den USA wächst Kritik an Donald Trumps Abschiebepolitik seitens der Kirchen und der Wirtschaft. Die Zahl der Festnahmen durch die US-Einwanderungsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) nimmt seit dem Amtsantritt Trumps zu. Nach Angaben des US-Grenzschutzbeauftragen Tom Homan hat die Behörde seit Januar 130.000 Ausländer festgenommen, die sich nach Angaben der Regierung illegal im Land aufhielten. Nach Berechnungen der „New York Times“ entspricht dies wesentlich mehr Abschiebungen pro Tag im Vergleich zu 2024, aber noch nicht der von der Trump-Regierung angestrebten Zahl.
Vizepräsident J.D. Vance sprach von einer Million Menschen. Dies entspräche etwa knapp 3.000 Menschen pro Tag bis Ende des Jahres. Die ICE ist davon weit entfernt, es fehlt offenbar an Beamten und Gefängnissen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, kündigte die Eröffnung einer Abschiebehaftanstalt in den Everglades-Sümpfen von Florida für 5.000 Personen an. Die Einrichtung sei „isoliert und umgeben von gefährlichen Wildtieren“ und werde bekannt sein als „Alligator Alcatraz“. Trump besuchte den Ort kürzlich.
Trumps Abschiebungen: Nicht nur Hispanics in Sorge
Viele Menschen fühlen sich persönlich betroffen: Wie das Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center berichtete, ist etwa ein Fünftel der Menschen in den USA und beinahe die Hälfte der hispanischen Bevölkerung besorgt, jemand aus der Familie oder dem Umfeld könnte abgeschoben werden. Razzien in Fabriken, Geschäften und in landwirtschaftlichen Betrieben zeigen, dass es der Behörde nicht vornehmlich um Kriminelle geht, anders als oft behauptet wird.

In der Stadt Marietta im Bundesstaat Georgia wurden vor wenigen Wochen laut Medienberichten zwölf Mitarbeiterinnen eines Nagelstudios festgenommen und mutmaßlich in Abschiebehaft gebracht. Nationales Aufsehen erregten Medienberichte über die Festnahme einer offenbar beliebten Kellnerin in der Kleinstadt Kennett im Staat Missouri, die vor 20 Jahren mit einem Touristenvisum aus Hongkong in die USA kam und seitdem um eine Aufenthaltsgenehmigung kämpft. Die Stadtbewohner wollen ihr demnach mittels einer Spendensammlung helfen. 80 Prozent der Bewohner des Landkreises, in dem Kennett liegt, haben 2024 für Trump als Präsidenten gestimmt.
Skepsis und Kritik an der Abschiebepolitik wachsen. So protestierten in den vergangenen Wochen Vertreter der römisch-katholischen Kirche. Bischof Alberto Rojas aus San Bernardino in Kalifornien beklagte in einem Schreiben, Sicherheitskräfte verhafteten „Brüder und Schwestern willkürlich und ohne Respekt für Rechtsstaatlichkeit und ihre Würde als Kinder Gottes“. Die „vielen Protestaktionen im ganzen Land“ reflektierten die moralische Überzeugung vieler Menschen, dass „Festnahmen allein die Herausforderung der USA durch Migration nicht bewältigen können“, erklärte der Präsident der katholischen Amerikanischen Bischofskonferenz, Timothy Broglio.
Konservative Kirche unterstützt Trump
Doch die Christen in den USA sind geteilter Meinung. Der Grenzschutzbeauftragte Homan wurde Ende Juni bei seinem Auftritt in Washington beim rechtschristlichen Verband „Faith and Freedom Coalition“ bejubelt. Homan sagte, die Regierung des demokratischen Ex-Präsidenten Joe Biden habe Migranten ins Land kommen lassen, wohl um diese Menschen später als Wähler zu gewinnen.
Die Landwirtschaft und das Hotel- und Gaststättengewerbe sind besorgt, dass sie Arbeitskräfte verlieren. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums haben rund 40 Prozent der in der Landwirtschaft Beschäftigten keine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung. Die Regierung von US-Präsident Trump scheint hin- und hergerissen zwischen Abschiebungen und den Sorgen der Wirtschaft. Am Sonntag sagte Trump dem Fernsehsender Fox News, seine Regierung arbeite an einer Lösung, einer Art begrenzten Aufenthaltsgenehmigung.