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Torgau

In Torgau lässt sich die deutsche Geschichte mit all ihren Höhen und Abgründen quasi fußläufig erkunden: von der Reformation bis zum Untergang der DDR. Eine besondere Rolle spielte die Stadt Ende April 1945.

Torgau liegt an der Elbe in Nordsachsen und hat rund 19.000 Einwohner. Bis nach Leipzig sind es gut 50 Kilometer. Mit seiner malerischen Altstadt und dem prächtigen Schloss Hartenfels zählt Torgau heute zu den schönsten Renaissance-Städten Deutschlands.

Die Stadt blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 973. Im 16. Jahrhundert stieg Torgau zu einem politischen und kulturellen Zentrum Sachsens auf. So soll auf Schloss Hartenfels 1627 mit “Daphne” von Heinrich Schütz die erste deutsche Oper uraufgeführt worden sein. In der Stadt befindet sich zudem das älteste Spielwarengeschäft Deutschlands, dessen Geschichte bis ins Jahr 1685 zurückreicht.

Zugleich gingen von Torgau wichtige Impulse für die Reformation aus. Von keinem Geringeren als Martin Luther selbst stammt der Ausspruch: “Wittenberg ist die Mutter, Torgau die Amme der Reformation.” Luthers Ehefrau Katharina von Bora starb in Torgau. Die Schlosskapelle, erbaut von Nikolaus Gromann zwischen 1543 und 1544, gilt als erster protestantischer Kirchenneubau weltweit und wurde von Luther persönlich eingeweiht. Torgau bewirbt sich damit um den Welterbetitel.

Weltberühmt wurde Torgau durch ein Ereignis am Ende des Zweiten Weltkrieges. Hier und im nahe gelegenen Strehla begegneten sich am 25. April 1945 erstmals US-amerikanische und sowjetische Truppen. Ein Foto, das tags darauf mit einem nachgestellten “Handschlag von Torgau” aufgenommen wurde, hat bis heute einen festen Platz in der Erinnerung an das Kriegsende.

Zu den dunklen Kapitel der Torgauer Geschichte gehörten die Gefängnisse und Lager, die im Laufe des 20. Jahrhunderts hier errichtet beziehungsweise betrieben wurden. Die Justizvollzugsanstalt Fort Zinna diente in der Zeit des Nationalsozialismus als größtes Gefängnis der Wehrmacht, in der sowjetischen Besatzungszone als Speziallager und von 1950 bis zum Ende der DDR als Strafvollzugsanstalt mit einem Jugendgefängnis. Zudem war Torgau in der NS-Zeit zeitweilig Sitz des Reichskriegsgerichts. Mit dieser Vergangenheit setzt sich der im Schloss Hartenfels untergebrachte Erinnerungsort Torgau auseinander.

Eine weitere Gedenkstätte widmet sich dem Jugendwerkhof Torgau, der einzigen geschlossenen Heimeinrichtung seiner Art in der DDR. Zwischen 1964 und 1989 kamen rund 4.000 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren zur “sozialistischen Umerziehung” dorthin. Diese geschah teils mit Essensentzug, brutalen körperlichen Übergriffen, Dunkelarrest und exzessivem Sport. In den vergangen Jahren wurde öffentlich, dass es vielfach auch zu sexuellen Misshandlungen kam.