Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sieht das Demokratieverständnis unzufriedener Menschen in Ostdeutschland durch die DDR-Erfahrung geprägt. Bei vielen herrsche die Überzeugung, „dass Demokratie die direkte Umsetzung des Volkswillens sei“ und Politiker das zu machen haben, „was ich mir wünsche“, sagte Thierse dem Berliner „Tagesspiegel“ (Freitag).
So gebe es eine „eine ambivalente Staatsfixierung der Ostdeutschen“, sagte der 81-Jährige weiter: „Früher wurde alles von oben angeordnet, selbstverantwortliche Bürgerschaftlichkeit war der SED verdächtig.“ Wenn heute „von denen da oben“ alles schnell und möglichst schmerzlos verlangt werde, folge „auf diese autoritäre Erwartung“ die unvermeidliche Enttäuschung. Und es werde die Bereitschaft gefördert, „denen zu glauben, die illusionäre, einfache Lösungen versprechen à la AfD oder BSW“.