Die katholische Theologin Maria Mesrian von der Reforminitiative Maria 2.0 fordert von den katholischen Bischöfen in Deutschland, die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs aus der Hand zu geben. Die Betroffenen müssten schnell und gerecht entschädigt werden, sagte Mesrian dem WDR-Radio am Montag. „Denn wir sehen, dass die Entschädigungsleistungen völlig willkürlich gesetzt werden und die Prozesse so lange hinausgezögert werden, bis die Betroffenen oft sterben.“
Zum Auftakt der Frühjahrsvollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe in der Eifel kritisierte Mesrian das bisherige Vorgehen der katholischen Kirche. Während der 15 Jahre seit Bekanntwerden des Missbrauchsskandals sehe sie taktische Verzögerungen. Sie verliere zusehends die Hoffnung auf Besserung, auch, was das Thema Gleichberechtigung betreffe. Am Rande der Versammlung im Kloster Steinfeld protestierten am Montag Betroffene von sexueller Gewalt. Sie hängten eine Petition an der Mauer des Tagungsortes auf, in der die katholische Kirche aufgefordert wird, auf die sogenannte Verjährungs-Einrede beziehungsweise die Einhaltung von Verjährungsfristen in Schmerzensgeldprozessen von Betroffenen sexualisierter Gewalt zu verzichten.
Der Reformprozess des sogenannten Synodalen Wegs in der katholischen Kirche sei in Deutschland „krachend gescheitert“, sagte Mesrian. Reaktionäre Bischöfe, unter ihnen der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki, hätten sich vehement dagegen gestellt. „Aber für die deutsche Kirche ist das Scheitern des Synodalen Weges wirklich dramatisch, weil sich noch mehr Menschen zurückziehen werden.“
Die Bischöfe in Deutschland „versteckten“ sich stets hinter Rom und hinter der Weltkirche, kritisierte die Theologin, die mittlerweile nach eigenen Angaben aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Die katholische Kirche in Deutschland sei eine der reichsten Kirchen der Welt. Trotz rückläufiger Mitgliederzahlen werde ihre Macht und ihr Einfluss, „obwohl wir das nicht so wahrnehmen“, weiterhin bestehen. Das immense Vermögen und den Einfluss einer reaktionären Minderheit nannte Mesrian eine „toxische Mischung“.
Die deutschen katholischen Bischöfe beraten bis Donnerstag auf ihrer Frühjahrsvollversammlung im Kloster Steinfeld bei Aachen unter anderem über die Lage der Christen im Nahen Osten, die Ergebnisse der im Oktober beendeten Weltsynode und die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. An der Versammlung nehmen 61 Bischöfe teil. Geleitet wird sie vom Limburger Bischof und Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Georg Bätzing.