Stuttgart/Zürich – Die evangelische Kirche sollte sich nach Ansicht des Theologen Johannes Fischer nicht als „Spitze des moralischen Fortschritts“ verstehen. Dies könne zu einer übertriebenen moralischen Korrektheit („moral correctness“) führen, heißt es in einem Beitrag Fischers für das württembergische Kirchenmagazin „Zitronenfalter“. Gutes Handeln solle sich an wirklicher Liebe und nicht an moralischen Vorschriften orientieren, empfiehlt der emeritierte Theologieprofessor, der an der Universität Zürich lehrte und früher Mitglied der Kammer für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war.
Als Beispiel eines „moralischen Verdikts“ nennt Fischer eine Orientierungshilfe der EKD, derzufolge man Menschen nicht als „behindert“ bezeichnen soll. Hier werde die Wirklichkeit nach moralischen Vorgaben konstruiert, obwohl Behinderte tatsächlich von bestimmten gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen seien. Laut Fischer ist Moral in westlichen Gesellschaften zu einer „säkularen Ersatzinstanz für Gott“ geworden. epd
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