Einen unaufhaltsamen Säkularisierungsprozess sieht der katholische Theologe Jan Loffeld. Nicht-religiöse Welterklärungen gewännen seit Jahrhunderten an Bedeutung. Der Glaube werde zunehmend zur freien Entscheidung.
Eine kaum aufzuhaltende Entkirchlichung und eine zunehmende gesellschaftliche Säkularisierung sieht der katholische Theologe Jan Loffeld. Der Glaube an Gott sei noch stärker eingebrochen als die Kirchenmitgliedschaft, sagte der an der Universität Utrecht lehrende Geistliche am Montag im Deutschlandfunk.
Loffeld, der Priester des Bistums Münster ist, sieht einen schon seit Jahrhunderten andauernden Trend zu konkurrierenden Welterklärungen. Schon seit dem Hochmittelalter suchten Menschen zunehmend Glück und Lebenssinn abseits religiöser Systeme. Zwar steige etwa die Zahl der getauften Katholiken in Afrika an. Auch dort gebe es aber unter den jungen, im Internet vernetzten Menschen eine Abkehr von religiösen Weltdeutungen.
Der Theologe rechnet damit, dass sich der Anteil der Christen in Deutschland in naher Zukunft bei rund 20 Prozent einpendelt. Das zeige sich etwa in den Niederlanden, Skandinavien oder in Ostdeutschland. Diesen Trend könnten die Kirchen kaum verändern, sagte er. Deshalb sei die Frage zentral, was es für die Kirche in Deutschland bedeute, eine immer kleiner werdende Minderheit zu sein.
Loffeld rechnet mit bedeutenden Veränderungen: Der weitere Rückgang der Mitgliederzahl werde schmerzhafte Anpassungsprozesse bei den Angeboten der Kirchen – etwa bei Schulen, Kindergärten, Personal und Gebäuden – auslösen. Die bisher stark von hauptamtlichen Mitarbeitern geprägte Arbeit der Kirchen und ihrer Organisationen werde nicht aufrecht erhalten werden können. Es werde zunehmend auf jeden einzelnen Christen ankommen, wie das Evangelium in der Gesellschaft präsent sei.
Zugleich sieht der Theologe auch einen Freiheitsgewinn: Es sei eine geschichtliche Ausnahmesituation, dass Menschen selbst entscheiden könnten, ob sie glaubten oder ob sie sich einer Kirche anschließen wollten. “Erstmals lässt sich die Beziehung zwischen Gott und Mensch völlig frei gestalten.” Die Kirchen hätte kein Monopol mehr auf das Heil – das sei auch für sie selber entlastend