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Kirche und Politik würdigen verstorbenen Friedrich Schorlemmer

Er war einer der Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR: Der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer ist gestorben. Reaktionen zu seinem Tod.

Friedrich Schorlemmer im Lesezimmer seiner Wittenberger Wohnung (Archivbild)
Friedrich Schorlemmer im Lesezimmer seiner Wittenberger Wohnung (Archivbild)epd-bild / Paul-Philipp Braun

Der evangelische Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist tot. Schorlemmer starb am Montag nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim, wie der Evangelische Pressedienst (epd) aus Kreisen seiner Familie erfuhr. Der am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Friedrich-Wilhelm Schorlemmer war einer der wichtigsten Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR. Sein Tod löste bei Vertretern aus Kirche und Politik tiefe Trauer aus.

International bekannt wurde der Theologe 1983 mit der symbolträchtigen Umschmiedung eines Schwertes zu einer Pflugschar als Friedensaktion in Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Bei der regierungskritischen DDR-Großdemonstration am 4. November 1989 auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz gehörte auch Schorlemmer zu den Rednern. Er war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA), wechselte aber noch 1990 in die SPD. Nach der Wende engagierte er sich in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Wittenberg.

EKD-Ratsvorsitzende Fehrs: Schorlemmer war “Mahner für Frieden”

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat Schorlemmer als „streitbaren Mahner für Frieden und Gerechtigkeit“ gewürdigt. Er sei nicht nur als prominentes Mitglied der Opposition in der DDR gewesen, sondern zeit seines Lebens ein Mensch, der seine Verantwortung als Christ immer auch mit politischem Denken und Handeln wahrgenommen habe, erklärte die Hamburger Bischöfin.

Als Prediger und Bürgerrechtler sei Schorlemmer stets ein „homo politicus“ gewesen, dessen segensreiches Wirken weit über die Lutherstadt Wittenberg hinaus ging, heißt es im Kondolenzschreiben von Fehrs. Dabei habe er seinen Einsatz immer auf seinen christlichen Glauben gegründet.

Friedrich Schorlemmer bei einer Podiumsdiskussion im Oktober 1991
Friedrich Schorlemmer bei einer Podiumsdiskussion im Oktober 1991Imago / Detlev Konnerth

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) würdigte Schorlemmer als wichtige Stimme des Ostens und Symbolfigur der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR. Er habe wortmächtig den Freiraum der Kirche genutzt. „Schorlemmer war Mitinitiator der Bürgerrechtsbewegung und eine Leitfigur der friedlichen Revolution“, sagte Haseloff. Nach der Wiedervereinigung sei er ein kritischer Begleiter der deutschen Einheit gewesen. Er habe sich immer wieder eingemischt und den öffentlichen Diskurs beeinflusst, so der CDU-Politiker.

Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, nannte Schorlemmer eine klare und streitbare Stimme für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit: “Mit Friedrich Schorlemmer verliert die mitteldeutsche Kirche einen ihrer großen Geister, der über die mitteldeutsche Kirche hinaus in ganz Deutschland eine wichtige Stimme gewesen ist.

Als Prediger an der Wittenberger Schlosskirche

Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geboren und wuchs in Werben in der Altmark auf. Nach einem Theologiestudium in Halle war er zunächst in den Franckeschen Stiftungen und danach als Studentenpfarrer in Merseburg tätig. Später wurde er Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Wittenberger Schlosskirche. Von 1992 bis 2007 war er zudem Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt.

Sein langjähriger Weggefährte, der frühere Oberbürgermeister von Wittenberg, Eckhard Naumann (SPD), sagte zu Schorlemmers Tod: „Ich finde es traurig, dass eine Stimme, die den Osten erklären könnte, jetzt nicht mehr erhoben werden kann.“ Seine christliche Überzeugung sei seine Orientierung gewesen. Zudem habe er die Sensibilität besessen, auf Aktuelles einzugehen und dies zugespitzt zu fokussieren.

Schorlemmer – der Stasi ein Schnippchen geschlagen

Der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Thomas T. Müller, nannte Schorlemmer einen ebenso klugen wie findigen Leiter des Wittenberger Predigerseminars. In seiner besonderen Art habe er sowohl den DDR-Funktionären als auch der Staatssicherheit immer wieder einmal ein Schnippchen geschlagen.