Katholische Sexualmoral ist nach Auffassung vieler Menschen homophob und altmodisch. Laut dem Theologen Thomas Hieke lässt sich aus der Bibel jedoch ein positives Verständnis von Sexualität ableiten.
Nach Auffassung des Theologen Thomas Hieke kann die Bibel ein positives Verständnis von Queerness vermitteln. In der Schöpfungsgeschichte hätten auch Menschen ihren Platz, die sich irgendwo zwischen männlich und weiblich wiederfänden, sagte der Mainzer Professor für Altes Testament im Podcast “Himmelklar” der Portale katholisch.de und domradio.de (Mittwoch). Als Geschöpfe Gottes seien sie – so wie alle Menschen – “sehr gut”.
Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Laut Hieke hat Gott die Welt in Abstufungen geschaffen. Zwischen Licht und Dunkel gebe es etwa die Dämmerung, zwischen Meer und Land das Wattenmeer. Und alles falle am Ende unter das Wort Gottes: “Es war sehr gut.”
Nach Auffassung des Theologen wird sich die Kirche mit Blick auf ihre Sexualmoral in Zukunft wandeln wie sie es auch bei anderer Gelegenheit getan habe: “Ganz sicher, bei Galilei hat sie es ja auch so gemacht. Da hat es nur ein paar hundert Jahre gedauert.” Wie im Falle des 1633 von der Kirche verurteilten und 1992 rehabilitierten Gelehrten Galileo Galilei müsse ständig überprüft werden, ob die Wissenschaft nicht neue Erkenntnisse liefere. Beim Thema Sexualität seien die Humanwissenschaften weit gekommen. “Insofern ist meine Hoffnung, dass diese Vernunft sich irgendwann in der kirchlichen Lehre so durchsetzt, dass man die kirchliche Lehre wieder positiv wahrnimmt als etwas, was Orientierung gibt.”
Ziel des biblischen Sexualverständnisses ist Hieke zufolge, Beziehungen zwischen Partnern, aber auch nicht-sexuelle zwischen Eltern und Kindern zu stärken. Gleichzeitig werde Verantwortungslosigkeit angeprangert: “Wenn der eine die andere ausnutzt oder umgekehrt, wenn eine Schieflage auftritt, dann ist es traurig, gefährlich, gewaltsam und manchmal einfach schlecht.”
Die biblische Zeit ist laut dem Theologen von dem Verständnis geprägt, Sexualität drehe sich vor allem um Zeugung. “Man musste damit rechnen, dass die Frau schwanger wird. Dann muss eine soziale Absicherung in Form einer Ehe da sein, mit allem, was dazugehört.” Daher stamme auch die Verurteilung von sexuellen Praktiken, die keine Nachkommen zum Ziel haben, etwa Sex mit einer menstruierenden Frau, Homosexualität oder Masturbation.