Berlin – Als Konsequenz aus der Debatte über den zeitweiligen Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel strebt der bundesweite Dachverband der Tafeln eine stärkere Kooperation mit den regionalen Lebensmittelausgabestellen an. Dass eine lokale Maßnahme eine derartige bundesweite Debatte auslöst, sei den Verantwortlichen vor Ort nicht klar gewesen, sagte der Vorsitzende des Dachverbandes, Jochen Brühl, in Berlin: „Wir werden uns in Zukunft noch stärker mit unseren Tafeln vor Ort austauschen, insbesondere was deren regionale Herausforderungen und Besonderheiten betrifft.“
Angesichts der zum Teil vehementen Kritik am Vorgehen der Essener Tafel, der sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angeschlossen hatte, sprach Brühl von einer „Stellvertreterdebatte“: „Nicht die Tafeln sind das Problem, sondern das Problem heißt Armut.“ Kritiker hätten „erst einmal vor Ort nachfragen können, anstatt sofort draufzuhauen“, sagte Brühl. Den Medien warf der Tafel-Chef „Entrüstungsjournalismus“ vor. Die Debatte habe ihn sehr irritiert. Im Verhältnis zu der Hilfe und dem Einsatz, den die Ehrenamtlichen vor Ort gegenüber Hilfsbedürftigen leisteten, sei er „sprach- und ratlos“ über die in den Medien geführte Debatte gewesen, sagte Brühl: „Das stand nicht mehr im Verhältnis zueinander.“
Positiv sei, dass mit der Debatte über die Essener Tafel das Grundproblem der verbreiteten Armut in der Gesellschaft auf die bundespolitische Tagesordnung gesetzt wurde, sagte Brühl: „Ich hoffe, dass dies kein Strohfeuer war, sondern dauerhaft präsent bleibt.“ Es gebe zwölf bis 16 Millionen Menschen im Land, die entweder armutsgefährdet oder arm seien. Künftig müsse gegenüber der Politik noch deutlicher gemacht werden, dass die Tafeln sich für die Verteilung des Überflusses und nicht für die Armutsbekämpfung zuständig fühlen. Zugleich kündigte Brühl an, dass der Aufnahmestopp für Nicht-Deutsche in Essen nun aufgehoben werden soll. „Wir haben immer klar gesagt, bei unserer Arbeit geht Not vor Herkunft“, betonte der Tafel-Chef und appellierte an die Verantwortlichen in den Kommunen, sich künftig frühzeitig über die Lage bei den Tafeln vor Ort zu erkundigen. epd/UK
Artikel teilen: