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Synode sagt Antisemitismus in der Kirche den Kampf an

Antisemitismus ist nach Ansicht von Mitgliedern der württembergischen evangelischen Landessynode auch in der Kirche verankert. Deshalb müsse der Einsatz gegen Judenfeindlichkeit in den eigenen Reihen beginnen, forderten mehrere Synodale am Donnerstag in Stuttgart bei einer Aktuellen Stunde des Kirchenparlaments. Scharfe Kritik wurde am Versuch laut, die Terrorgräuel der Hamas vom 7. Oktober auf jüdische Zivilisten mit der israelischen Siedlungspolitik zu rechtfertigen.

Der Synodale Steffen Kern sagte, Antisemitismus und christlicher Glaube seien unvereinbar: „Die Anschläge der Hamas richteten sich nicht nur gegen einen Staat, sondern gegen jüdisches Leben selbst.“ Innerkirchlich müsse man sich gegen rechts- wie linksideologischen Antisemitismus wenden und selbstkritisch frage, wo man in der Vergangenheit Referenten unbefangen eingeladen oder Dinge unbedacht ausgestellt habe, sagte Kern.

Yasna Crüsemann vertrat die Überzeugung, Antisemitismus sei zuerst christlicher Antisemitismus. Das sei schon in neutestamentlichen Texten und ihrer Auslegung zu erkennen und setze sich über die Kreuzzüge und die Shoah fort. Crüsemann zeigte sich erschreckt über „kaltes Schweigen aus der ökumenischen Szene, auch von Feministinnen“ zum Terrorüberfall der Hamas.

Mehrere Rednerinnen und Redner nannten Religionsunterricht und weitere Bildungsangebote entscheidend für das Bekämpfen von Judenfeindlichkeit in der Gesellschaft. Gunter Seibold erinnerte daran, dass die Benutzung einer Bibel immer die Verbundenheit mit Israel zum Ausdruck bringe. Renate Schweikle warb dafür, zudem Begegnungen zwischen Christen und Juden ins lokale Gemeindeleben aufzunehmen und darüber hinaus den islamisch-christlichen Dialog zu pflegen.

Vor der Aktuellen Stunde hatte die Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW), Barbara Traub, um Verständnis und Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland und den Menschen in Israel geworben. Was sich am 7. Oktober ereignete, sei seit der Shoah das größte Pogrom gegen Jüdinnen und Juden gewesen. Die IRGW habe viel Solidarität von Kirchen und der Politik nach dem 7. Oktober erfahren, berichtete Traub.

Auch von manchen muslimischen Verbänden hätten sie Unterstützung erhalten, allerdings hätten sich manch große islamische Verbände „bemerkenswert still“ verhalten. Auch einige Kulturinstitutionen hätten auffällig geschwiegen. Traub kritisierte im Blick auf die württembergische Landeskirche, dass im Jahr 2010 ein Vertreter der Hamas in die Evangelische Akademie nach Bad Boll eingeladen worden war, ihm aber schon damals die Einreise verweigert wurde. Auch die Nakba-Ausstellung, die vom Evangelischen Entwicklungsdienst finanziert wurde und in kirchlichen Kreisen Raum erhält, sei nicht ausgewogen und passe nicht zum „Niemals wieder“ der Kirchen, kritisierte Traub. (2881/30.11.2023)