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Studien: Terror-Angst wächst offenbar seit Solinger Anschlag

Am 23. August tötete ein Mann auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen. Seither nehmen die Angst vor Terrorismus und die Sorge um die innere Sicherheit zu. Das decken auch zwei Studien – die ansonsten leicht abweichen.

Die Angst vor Terrorismus und Extremismus hat zuletzt laut einer Ipsos-Studie stark zugenommen. Das Thema bewege derzeit jede und jeden Fünften, wie das Marktforschungsunternehmen am Mittwoch in Hamburg mitteilte. Kriminalität und Gewalt zählen demnach sogar für 37 Prozent der Befragten zu den Hauptsorgen; im Vergleich zum Vorjahr sei dieser Wert um 13 Prozentpunkte gestiegen.

Die Online-Befragung unter 1.000 Menschen hierzulande fand laut Angaben ab dem 23. August statt – dem Tag des Anschlags in Solingen. Auf Platz zwei folge mit 33 Prozent die Zuwanderung. Auf den Plätzen drei bis fünf der größten Sorgen folgen demnach Armut und soziale Ungleichheit (26 Prozent), Inflation (23 Prozent) und Klimawandel (21 Prozent). Diese Themen seien weniger relevant als in früheren Umfragen.

Die Studie “Die Ängste der Deutschen” des Infocenters der R+V Versicherung, die in Berlin vorgestellt wurde, zeigt ebenfalls eine wachsende Angst vor politischem Extremismus (46 Prozent, ein Plus von acht Prozentpunkten). 48 Prozent fürchten demnach islamistischen Terror, 38 Prozent rechts- und sieben Prozent linksextremen. Die Befürchtung, dass die Zahl der Geflüchteten das Land und die Behörden überfordern könnte, liegt hier auf Platz zwei (56 Prozent).

Befragt wurden den Angaben zufolge 2.400 Personen ab 14 Jahren, und zwar vor dem Solinger Anschlag. Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch erklärte, es komme bei der Vergleichbarkeit von Studien auf zahlreiche Faktoren an. Jedoch: “Reale Ereignisse beeinflussen selbstverständlich die Angst der Menschen.” Daher sei erwartbar, dass ein Vorfall wie die Bluttat von Solingen sich in Studienergebnissen niederschlage.

Laut der R+V-Studie sorgen steigende Lebenshaltungskosten für besonders große Sorgen (57 Prozent). Zum dritten Mal in Folge steht die Sorge um die Inflation damit an der Spitze des repräsentativen Rankings. “Hohe Tarifabschlüsse, Inflationsprämien und spürbar langsamer steigende Preise konnten den Deutschen ihre Sorgen nicht nehmen”, sagte Brower-Rabinowitsch. Auch auf Platz drei liegt ein Finanzthema, nämlich die Angst, das Wohnen könnte unbezahlbar werden (52 Prozent).

Ein Ohnmachtsgefühl angesichts zahlreicher Krisen führe dazu, dass Menschen eher auf persönliche Belange schauten, erklärte Politikwissenschaftlerin Isabelle Borucki. Im Alltag beobachteten sie weiterhin höhere Preise wie zuletzt etwa bei der Butter – dies sorge für eine gewisse Vorsicht gegenüber den offiziell sinkenden Inflationszahlen. Beim Umgang mit Flucht und Migration sei es entscheidend, grundlegende Herausforderungen anzugehen, “und zwar ohne die aufgeladene Stimmung in Teilen der Gesellschaft noch weiter anzuheizen”.

Zurückgegangen sind auch laut dieser Studie die Ängste vor Naturkatastrophen (44 Prozent) und Klimawandel (42 Prozent). Die Furcht vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung stagniert derweil auf hohem Niveau (41 Prozent); sie lag vor dem Beginn des Kriegs in der Ukraine bei 16 Prozent.