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Studie: Weniger Fachkräfte in Hamburger Kitas

In Hamburger Kindertagesstätten ist die Zahl der pädagogischen Fachkräfte zurückgegangen. Laut aktuellem „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung gab es nur noch in 16 Prozent der Kitas eine hohe Fachkraft-Quote, bei der mehr als acht von zehn pädagogisch Tätigen mindestens eine einschlägige Fachschulausbildung haben, wie die Stiftung am Mittwoch mitteilte. 2017 waren es 20 Prozent. Die Gewerkschaft ver.di bezeichnete die Zahlen als „alarmierend“. Mit der Fachkraft-Quote von 16 Prozent liege Hamburg deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 32 Prozent.

Zugleich ist der Anteil an Kita-Teams in Hamburg, in denen unter 50 Prozent des pädagogischen Personals als Fachkraft qualifiziert sind, von 12 Prozent in 2017 auf 18 Prozent in 2023 gestiegen. Weil in vielen Einrichtungen das Personal fehlt, würden immer mehr Menschen ohne formale pädagogische Voraussetzungen eingestellt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, so die Stiftung. „Das darf aber nicht zu einem dauerhaften Absenken der Fachkraft-Quote führen – doch genau diese Tendenz sehen wir momentan in Hamburg“, sagte Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.

Waren laut ver.di vor sechs Jahren noch überwiegend Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas tätig, zeigt sich jetzt, dass vermehrt geringer qualifiziertes Personal oder sogar Auszubildende eingesetzt werden. „Wir erleben Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas, die seit Jahren dort arbeiten und nun zusätzlich zu ihrer Arbeit mit den Kindern auch noch Ergänzungspersonal anleiten“, sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Aufgrund dieser Situation seien viele von ihnen „überlastet und frustriert und verlassen deshalb die Kitas.“

Das bestätigt auch die Bertelsmann-Stiftung: Eine gemeinsame aktuelle Studie mit der Justus-Liebig-Universität Gießen zeige, dass sich fast die Hälfte der befragten Kita-Mitarbeitenden täglich oder fast täglich im Berufsalltag überlastet fühlen. Viele Beschäftigte schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihren Kita-Job kurz- bis mittelfristig verlassen werden, als sehr hoch ein. Die Abwanderungsgedanken würden umso wahrscheinlicher auftreten, je häufiger sich jemand überlastet fühlt. „Auch in Hamburg besteht das Risiko, dass zahlreiche Fachkräfte das Berufsfeld verlassen“, sagte Expertin Bock-Famulla.

Dabei sei eine hohe Fachkraft-Quote in jedem Kita-Team „ein zentraler Faktor für eine kindgerechte frühkindliche Bildung“, so die Stiftung. Verschiedene Studien würden zeigen, dass eine niedrige Fachkraft-Quote im Team die Qualität der pädagogischen Arbeit mindere und den professionellen Anspruch der Fachkräfte gefährden könne. Zudem sei die Begleitung von nicht einschlägig ausgebildeten Mitarbeitenden zunächst ein zusätzlicher Aufwand und damit ein weiterer Belastungsfaktor für das Fachpersonal.

Um die Situation kurzfristig zu verbessern, bräuchte es eine „verlässlich finanzierte, professionelle Beratung und Begleitung“, die die Zusammenarbeit in sehr unterschiedlich zusammengesetzten Kita-Teams unmittelbar unterstützt, sagte Bock-Famulla. Diese Maßnahmen könnten Kita-Beschäftigte aber nur dann dauerhaft im Beruf halten, wenn es gelinge, den Anteil an Fachkräften wieder zu erhöhen. Es gelte, gut ausgebildetes Personal zu gewinnen und Mitarbeitende weiterzubilden. Ver.di fordert zudem bessere Rahmenbedingungen in den Kitas und den Ausbau der Erzieherinnenausbildung.

Laut Monitoring unterscheidet sich die Situation in den einzelnen Bundesländer sehr stark: Eine hohe Fachkraft-Quote von 82,5 Prozent und mehr weisen in den ostdeutschen Ländern zwischen 35 Prozent (Berlin) und 89 Prozent (Thüringen) der Kita-Teams auf. In den alten Bundesländern reicht die Spannweite von 3 Prozent in Bayern bis 36 Prozent in Hessen.