In der Diskussion um eine Lockerung der Vorschriften für den Einsatz neuer Gentechnik in der Landwirtschaft hat das katholische Kommissariat der deutschen Bischöfe Grundsatzkritik am Ansatz der EU-Kommission geübt. Bestimmte Pflanzen aus neuer Gentechnik komplett von der Risikoprüfung zu befreien, sei schwerlich mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar, kritisierte Gabriela Schneider am Dienstag bei einer Online-Veranstaltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Schneider verantwortet die Themen Europapolitik, Landwirtschaftspolitik, Klima- und Nachhaltigkeitspolitik im Kommissariat der Deutschen Bischöfe – Katholisches Büro – in Berlin.
Das EU-Parlament hat den Vorschlag der EU-Kommission, die Regeln für neue Gentechnik zu lockern, bereits angenommen. Bisher gelten für die alte und die neue Gentechnik dieselben Vorschriften. Künftig soll bei der neuen Gentechnik mit zwei Kategorien gearbeitet werden. In der ersten Kategorie sollen neue Sorten mit bis zu 20 genetischen Veränderungen weitgehend wie herkömmliche Pflanzen behandelt werden. Für Pflanzen mit mehr genetischen Eingriffen gelten dagegen weiter strengere Vorschriften. Die Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten über das Gesetzesvorhaben steht noch aus.
Unter anderem Österreich wehrt sich entschieden dagegen, das Gentechnikrecht zugunsten neuer gentechnischer Verfahren aufzuweichen. „Neue Gentechnikverfahren unterliegen den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen für Gentechnik, wie zum Beispiel der Kennzeichnungspflicht“, zitierte Karin Bik-Bernhard, Vertreterin des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft bei der ständigen Vertretung Österreichs bei der EU, die Position ihres Landes. „Es gibt unisono eine Linie und die heißt: Nein zu neuer Gentechnik“, unterstrich sie.
Der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) befürwortet die Lockerung dagegen. „Ich halte die Risiken für praktisch nicht existent im Vergleich zur sogenannten konventionellen Pflanzenzucht“, sagte er. Die Methoden seien in den meisten Ländern der Welt bereits in der Landwirtschaft angekommen. Die neue Gentechnik biete dabei große Chancen, etwa dafür Pflanzenschutzmittel einzusparen, weil Pflanzen widerstandsfähiger sein sollen. Liese erklärte, er hoffe auf eine zügige Einigung der EU-Staaten, sodass der Gesetzgebungsprozess nach der Europawahl zügig in die abschließende Phase eintreten könne.
Evangelischerseits gebe es keine klare Positionierung, erklärte Oberkirchenrätin Katrin Hatzinger vom EKD-Büro in Brüssel. Die Befürworter setzten auf reichere Ernten, eine bessere Bekämpfung des Welthungers und weniger Pestizide. „Gegner sehen darin das Öffnen der Büchse der Pandora mit ungewissen Folgen für die Artenvielfalt, den Verbraucherschutz und die ökologische Landwirtschaft“, erklärte sie.