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“Stopp, Gehirn” – Gedankenkreisel lassen sich unterbrechen

Licht aus, Gedankenkarussell an: Fast die Hälfte aller Menschen in Deutschland hat laut Umfragen Einschlafprobleme. Dahinter steckt oft allzu intensives Grübeln. Das lässt sich verändern – mit bestimmten Maßnahmen.

Viele Menschen grübeln in der Nacht, können Gedanken schlecht abschalten. Dabei lässt sich das Gehirn auch umprogrammieren: “Overthinking ist keine feste Charaktereigenschaft, sondern sie ist beeinflussbar”, sagte Psychologin Nicola Johnsen am Mittwochabend in Bremen.

Krankhaften Grübeln dagegen könne sich selbst langfristig sogar steigern. Ein Grund dafür: Gedankenkreisel haben biologische Auswirkungen und beeinflussen die menschliche Gehirnstruktur. Mit wiederholten Denkmustern würden zugehörige Nervenfasern verstärkt. “Je öfter wir grübeln, desto mehr speichert unser Gehirn es deshalb als unser normales Verhalten ab”, so Johnsen.

Beim Grübeln wird laut der Expertin besonders der Bereich für negative Emotionen und Angstgefühle gestärkt. Pathologisches Gedankenkreisen erhöhe deshalb das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen – und ebenso für körperliche Beschwerden wie Konzentrationsschwierigkeiten, Kreislaufprobleme oder Bluthochdruck.

Gedankenmuster sind allerdings nach psychologischen Erkenntnissen veränderbar – auch Jahre später noch. Ein erster Schritt sei die Selbstreflexion, erklärte Johnsen: “Unterziehen Sie Ihre Gedanken einem Wahrheitscheck. Bilden sie die Realität ab oder nur das, was Sie befürchten?” In der Folge rät sie, alternative Gedanken zu entwickeln und sich zu fragen, was jetzt guttun würde: eine Erinnerung an den vergangenen Urlaub oder ein Spaziergang mit dem Hund.

Betroffene könnten danach eine Schritt-für-Schritt-Selbstanleitung verfassen, wie sie in Akutsituationen auf Grübeleien reagieren können, zum Beispiel: “Erstens: Ich atme tief ein und aus. Zweitens: Ich lächle. Drittens: Ich sage mir: Ich bin ruhig und entspannt. Ich lasse negative Gedanken fliegen.” Körperliche Signale wie ruhiges Atmen könnten dem Gehirn Entspannung vermitteln und damit auch die Gedanken zur Ruhe bringen.

Die Umsetzung in Akutsituationen falle vielen Menschen schwer, räumte Johnsen ein. Mit sechs bis acht Wochen müsse man rechnen, bis sich erste positive Auswirkungen zeigen. Schon kleine Grübelpausen könnten aber helfen: “Auch dann konnten Sie ein altes Verhalten durchbrechen, für ein paar Sekunden Glückshormone aktivieren”, sagte die Wissenschaftlerin. “Wenn Sie es schaffen, das öfter zu machen, speichert das Gehirn es ab.”