Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in Tansania um Verzeihung für Verbrechen in der deutschen Kolonialzeit gebeten. „Ich verneige mich vor den Opfern der deutschen Kolonialherrschaft“, sagte er laut Redemanuskript beim Besuch in Songea im Südwesten des Landes. „Als deutscher Bundespräsident möchte ich um Verzeihung bitten für das, was Deutsche hier Ihren Vorfahren angetan haben“, sagte er nach einem Treffen mit Nachfahren von Opfern des Maji-Maji-Aufstands.
Gegen Unterdrückung und Ausbeutung in Zeiten der deutschen Kolonialverwaltung schlossen sich im damaligen Deutsch-Ostafrika mehrere Stämme zusammen. Ihr Widerstand gegen Zwangsarbeit auf den Plantagen oder unerbittlich steigende Steuern eskalierte 1905 im Maji-Maji-Krieg, der sich über den gesamten Süden der Kolonie ausbreitete. Die deutschen Kolonialherrscher reagierten mit aller Härte, ließen die Anführer hinrichten und zerstörten Felder und Dörfer. Viele Menschen starben an Hunger. Schätzungen gehen von bis zu 300.000 Opfern auf tansanischer Seite aus.
Steinmeier: Seelenqualen für Nachfahren der Wangoni
Steinmeier traf in Songea mit Nachfahren des Wangoni-Führers Songea Mbano zusammen, der von den deutschen Kolonialtruppen zusammen mit 66 anderen Kämpfern der Wangoni im Februar 1906 gehängt und enthauptet wurde. „Ich weiß, welch große Last sein Schicksal auch heute noch für Ihr Volk bedeutet, welche Seelenqual es für seine Angehörigen darstellt“, erklärte der Bundespräsident. „Und ich habe verstanden, dass diese grausame Tat mittlerweile viele Generationen geprägt hat und bis heute in Ihren Familien fortwirkt.“ Er sei auch deswegen nach Songea gekommen, um die Geschichten mit nach Deutschland zu nehmen. „Auch wir Deutsche müssen uns dieser Geschichte stellen, damit wir gemeinsam eine bessere Zukunft bauen können“, betonte Steinmeier.
Mit Blick darauf, dass die Kolonialherren zahlreiche Gebeine aus Ostafrika – meist Schädel der Hingerichteten – nach Deutschland brachten, sicherte der Bundespräsident eine intensive Suche zu. Hunderte, vielleicht Tausende Schädel hätten in Museen und anthropologischen Sammlungen gelegen und seien oft nach der Kolonialzeit und den Weltkriegen dort vergessen worden, sagte Steinmeier. Die Familien in Tansania hätten aber all die Zeit getrauert, weil man ihren Vorfahren auch die Totenruhe gestohlen habe.