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Eine Stadtführung zeigt Flensburgs starke Frauen

Hilke Rudolph holt bei einer Stadtführung in Flensburg starke Frauen aus dem Schatten von Nebenstraßen und Hinterhöfen. Jetzt bekommen sie Aufmerksamkeit.

Hilke Rudolph holt bei ihrer Stadtführung starke Frauen aus dem Schatten der Hinterhöfe
Hilke Rudolph holt bei ihrer Stadtführung starke Frauen aus dem Schatten der HinterhöfeRebekka Krüger

Käte Lassen, Emmy Hennings, Silke Hinrichsen oder Gerty Molzen. Diese Frauen haben einige Gemeinsamkeiten. Die erste: Die meisten Menschen kennen die Namen dieser Frauen nicht. Eine Andere: Sie haben zumindest einen Teil ihres Lebens in Flensburg verbracht. Und: Sie waren starke Frauen. Nicht körperlich, sondern sie besaßen die Stärke, die es braucht, um sich gegen die Konventionen der Zeit zu stellen. Stärke, die es braucht, um eigenen Neigungen nachzugehen, einen etwas Schaffen, oder Erschaffen lässt, den Lebensunterhalt finanziert und die es braucht, um sichere Netze zu verlassen.

Um genau diese Frauen geht es in der Stadtführung von Hilke Rudolph. Sie ist Stadtführerin, Kabarettistin, spielt gerne politisch kritische Stücke und ist eine Flensburger Pethu-Tante. Heißt, Rudolph beherrscht den Flensburger Dialekt, der auch Pethutantendeutsch- oder dänisch genannt wird und gibt dazu sogar Sprachkurse. Kein Wunder also, dass Rudolph sich für andere starke Frauen ihrer Heimatstadt interessiert. Zusammen mit dem Gleichstellungsbüro Flensburg hat sie eine Straßenführung zu ihnen konzipiert. Texte und Zahlen kennt die Straßenführerin auswendig.

Zwei Stunden durch Flensburg

Der `Stadtrundgang` beginnt mit einem schönen Blick über die Stadt, am Flensburger Museumsberg. Dicht gedrängt stehen 15 Frauen um Rudolph herum. Es ist so stürmisch, dass ihre Stimme im Wind schwer zu verstehen ist. Ohne zögern fängt sie an von der ersten Frau auf unserem Weg zu erzählen: Emmy Hennings, Schauspielerin, Kabarettistin und eine der Begründerinnen des Dadaismus.

Der Weg führt viele Treppenstufen runter in die Stadt, vorbei an der Volkshochschule, ein Halt in der Nähe der St. Nikolaikirche, weiter runter und hinter der Fußgängerzone direkt in den Käte Lassen-Hof. Zu sehen sind alte Gebäude und verwinkelte Hinterhöfe. „Das macht Spaß. Ich bin auf einem netten Ausflug, habe zwei Freundinnen dabei und wir hören schöne Geschichten“, beschreibt Teilnehmerin Irmgard Griemert (62) die Stadtführung und fügt bestimmt hinzu: „Aber darum geht es nicht. Das ist so ein wichtiges Thema – das braucht einfach Aufmerksamkeit.“ Frauen seien in der Geschichte viel zu oft über den Rand gefallen.

Bei der heutigen Stadtführung ist kein einziger Mann dabei. Warum? Das weiß keiner so genau. „Straßenführungen sind allgemein irgendwie eher ein Frauen-Ding“, überlegt Rudolph und lacht. „Normalerweise ist aber wenigstens ein Quoten-Mann dabei.“ „Fühlen die sich vielleicht nicht eingeladen?“, überlegt Teilnehmerin Jule Lorenzen (26). „Oder haben die Angst vor starken Frauen?“ Eingeladen seien über das Gleichstellungsbüro auf jeden Fall alle Menschen.

Der Kate-Lassen-Hof führt durch die Flensburger Innenstadt
Der Kate-Lassen-Hof führt durch die Flensburger InnenstadtRebekka Krüger

Weiter geht es, vorbei an Cafés bis zur St. Marien Kirche, die noch immer Fenster trägt, die von Käte Lassen gestaltet wurden. „Und hier auf der Ecke hat auch Beate Uhse gelebt“, erzählt Rudolpf. In Flensburg eröffnete diese 1962 ihren ersten Sexshop: das „Fachgeschäft für Ehehygiene“.

Stadtführung mit Wiederholungsbedarf

Von hier ist der Weg zum Hafen nicht weit. Da Endet die Stadtführung, direkt zwischen ein paar gelben Hütten und dem mittelgroßen Schiff Alexandra, dass gerade im Hafen liegt. Mit Seeluft in der Nase lauschen die Teilnehmerinnen den letzten Worten über Flensburgs erste Ehrenbürgerin, Renate Delfs.

Ob sich jeder alles merken konnte? „Auf keinen Fall“, sagt Griemert. Aber bei diesem Thema lohne es sich auf jeden Fall noch einmal nach Flensburg zu kommen.

Die nächsten Straßenführungen finden am 31. Mai, 7. Juni, 14. Juni und 25. Juni statt. Jeweils von 17 bis 19 Uhr. Pro Führung stehen 15 Plätz zu Verfügung, die über das Gleichstellungsbüro Flensburg gebucht werden können. Die Kosten betragen sechs bis acht Euro.