Immer mehr Menschen in Deutschland zahlen mit Karte oder Smartphone. Doch gerade die Bundesbürger hängen an Münzen und Scheinen. Auch die Bundesbank und Sozialverbände plädieren dafür, das Bargeld beizubehalten.
Wird das Bargeld bald ganz abgeschafft? Seit Jahren gibt es darüber eine Debatte in Europa. Fest steht, dass elektronische Zahlungssysteme weithin auf dem Vormarsch sind – auch in Deutschland, wo allerdings immer noch die Hälfte aller Zahlungsvorgänge mit Münzen und Scheinen bestritten werden. Am Donnerstag haben sich die Deutsche Bundesbank und mehrere Sozialorganisationen für die Beibehaltung von Bargeld ausgesprochen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) nennt wichtige Argumente Pro und Contra.
Früher haben die Menschen mit Naturalien bezahlt: mit Perlen, Kaffeebohnen oder Dienstleistungen. Dann kamen Münzen und später auch Papiergeld. Mittlerweile geht der Trend in vielen Ländern Europas zu digitalen Zahlungsmitteln: zum Bezahlen mit EC-Karten, Kreditkarten oder dem Smartphone.
Nach Informationen der Deutschen Bundesbank wurden im vergangenen Jahr gut die Hälfte aller Transaktionen in Deutschland mit Banknoten und Münzen gezahlt. Gleichzeitig wuchs die Verbreitung von bargeldlosen Bezahlverfahren weiter. Gegenüber der letzten Erhebung aus 2021 sank der Anteil der Barzahlungen von 58 Prozent auf 51 Prozent. Im europäischen Ausland ist die bargeldlose Zahlung fast überall verbreiteter als in Deutschland – was bei der Fußball-Europameisterschaft für mancherlei Verwunderung bei Gästen aus dem Ausland sorgte: Nach einer Studie der Boston Consulting Group liegt Deutschland bei elektronischen Zahlungen im hinteren Mittelfeld. Die Bundesbürger bezahlten 2022 im Schnitt 284 Mal digital, im Spitzenreiter-Land Norwegen waren es hingegen 708 digitale Transaktionen pro Jahr.
Zahlungen mit Münzen und Scheinen sind vergleichsweise aufwendig und ziemlich teuer. Bargeld muss erst mal produziert werden, dann muss es hin- und hertransportiert werden und immer passend vorliegen. Insbesondere in der Corona-Pandemie verstärkte sich der Wunsch nach kontaktlosem Bezahlen aus hygienischen Gründen.
Wäre Bargeld abgeschafft, brauchte man keine herkömmlichen Kassen in Supermärkten und auch keine Bankautomaten mehr. Kassendiebstahl und Straßenkriminalität würden ebenso erschwert wie Falschgeld-Herstellung, Automatensprengungen und Überfälle auf Geldtransporter verhindert. Gegner der Bargeldzahlung erwarten zudem, dass Geldwäsche, Drogenhandel und Korruption stark erschwert würden, weil jede Geld-Transaktion digital nachvollziehbar ist. Die EU plant deshalb eine Obergrenze von Bargeld: Künftig sollen EU-weit Käufe in Höhe von mehr als 10.000 Euro nicht mehr bar bezahlt werden dürfen. Kritiker bezweifeln die Wirkung, weil etwa auch Bezahlsysteme mit Kryptowährungen oder Edelmetallen aufgebaut werden.
Befürworter sehen in Münzen und Scheinen Freiheit, Anonymität und Schutz vor Negativzinsen. Überwachung ist schwierig: Private Anbieter oder der Staat bleiben im Unwissen über das persönliche Konsum- und Kaufverhalten; die Privatsphäre wird besser geschützt. In ihrem Thesenpapier betonen Bundesbank und Sozialverbände zudem, dass gerade ärmere Menschen nur eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu digitalen Zahlungsmitteln haben. Manche Menschen kommen zudem mit den technischen Erfordernissen nicht zurecht.
Besonders bei nicht-kommerziellen Angeboten wie Flohmärkten, Pfarrfesten, Sozialkaufhäusern oder Kuchenverkäufen kann mit Bargeld unkompliziert bezahlt werden. Außerdem seien Bargeldspenden für obdachlose Menschen überlebensnotwendig, so die Sozialverbände. Bargeld sei zudem ein verlässliches Mittel zur Ausgabenkontrolle; es helfe dabei, Überschuldung zu vermeiden. Kinder und Heranwachsende lernten mit Münzen und Scheinen viel besser den Umgang mit Geld.
Zwar braucht auch der Bankautomat Strom. Doch Bargeld funktioniert unabhängiger von Energieversorgung und Technik. So rät etwa das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für das Szenario eines längeren Stromausfalls, ausreichend Bargeld vorrätig zu haben.