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Sozialverbände: Alarmierende Wohnungsnot in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg gilt im bundesweiten Vergleich als reiches Bundesland und sieht sich oft als “Muster-Ländle”. Doch Sozialverbände mahnen, dass selbst hier die Wohnungsnot erneut einen Höchststand erreicht hat.

In Baden-Württemberg geraten einer Studie von Wohlfahrtsverbänden zufolge immer mehr Menschen in Wohnungsnot. Rund 12.700 Menschen seien zum Stichtag am 29. September 2023 in Einrichtungen und Diensten der Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe beraten und unterstützt worden, ergab die am Dienstag veröffentlichte Erhebung der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Land. “Zum zweiten Mal in Folge wird damit ein neuer Höchststand erreicht”, hieß es. Dies sei ein alarmierender Anstieg. Das Problem der Wohnungslosigkeit habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft.

Häufig werde die existenzielle Notlage für betroffene Menschen zu einem Dauerzustand, der in eine Abwärtsspirale münde. “Mit Sorge beobachten wir, dass nicht nur die Zahl der Menschen in Not zunimmt, die wir versorgen”, berichtete Simon Näckel von der Liga. Hinzu komme, dass die individuellen Problemlagen immer komplexer und herausfordernder würden. Massive gesundheitliche Beeinträchtigungen, psychische Erkrankungen und Verelendungssymptome bei den Hilfesuchenden hätten zugenommen. Die Anforderungen an die professionelle Hilfe seien gestiegen. Die Wohnungsnotfallhilfe arbeite häufig über der eigenen Belastungsgrenze, um Notlagen zu lindern oder zu überwinden.

Der Anteil der über 50-jährigen Menschen, die in der Wohnungsnotfallhilfe unterstützt werden, nehme seit Jahren kontinuierlich zu und liege mittlerweile bei über 43 Prozent. “Ältere und vorgealterte wohnungslose Menschen weisen häufig besondere gesundheitliche Beeinträchtigungen auf und sind besonders vulnerabel”, so Näckel. Bei den Menschen, die mit den Angeboten der Wohnungsnotfallhilfe unterstützt werden, würden die sozialen Folgen der umfassenden Krisen der vergangenen Jahre in aller Deutlichkeit sichtbar. Der Anteil wohnungsloser Frauen liege bei 28,8 Prozent.

Die Politik müsse handeln, forderte der Vorstandsvorsitzende der Liga, Marc Groß. Dringend notwendig seien etwa Förderprogramme, die gezielt Wohnraum für Menschen schaffen, die sich in verfestigter Wohnungslosigkeit befinden. Die Liga Baden-Württemberg ist ein Zusammenschluss von elf Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, darunter Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt.