Als Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 in seiner berühmt gewordenen Regierungserklärung anlässlich des russischen Einmarschs in die Ukraine zum ersten Mal von einer Zeitenwende sprach, stutzte ich. Noch nie gab es einen so öffentlichkeitswirksamen Kurswechsel in der Rhetorik der Regierungspartei.
Die Antwort vieler Deutschen in diesem Punkt ist längst klar: Die Ukraine braucht mehr Waffen, um sich effektiv gegen den Aggressor verteidigen zu können. Daher verwundert es kaum, wenn Politiker in den Tagen vor der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende auch die Notwendigkeit einer atomaren Aufrüstung Europas ins Spiel gebracht haben.
Despektierlich auf “Weltpolizisten USA” geschaut
Aus einem Stutzen werden schrillende Alarmglocken. Wir, die in den 1980er und 1990er Jahren im Westen sozialisiert wurden, sind mit einer Zeitenwende der ganz anderen Art aufgewachsen. Das Ende des kalten Kriegs war prägend für meine Generation. Und eben auch die feste Überzeugung mit Diplomatie Frieden zu erhalten. Die wenigsten meiner Freunde sind damals zur Bundeswehr gegangen. Es galt als schick und war Mainstream, die Nato zu kritisieren. Despektierlich schaute man auf den „Weltpolizisten USA“ und seine Invasionen im Nahen Osten.
Bundesminister #Habeck teilt seine Eindrücke nach zwei Tagen auf der Münchner #Sicherheitskonferenz @MunSecConf #MSC2024 pic.twitter.com/JDDbPmn10h
— Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (@BMWK) February 18, 2024
Und was haben wir gelacht, als die Amerikaner aus Trotz ihre Fritten von French Fries in Freedom Fries umbenannt haben, weil die Franzosen – ebenso wie die Deutschen – den Einmarsch der USA im Irak nicht unterstützten. Wir haben Loveparades gefeiert und Friedens- und Konfliktforschung an Universitäten studiert. Und vielleicht waren auch die Kriegserzählungen der Großelterngeneration noch zu nah, das transgenerationale Trauma noch zu groß. Wir waren eine der unpolitischsten Generationen der jüngeren Geschichte.
Mehr politische Lösungen auf der Münchener Sicherheitskonferenz
Die Generation, die heute aufwächst, tut dies unter neuen Kennzeichen. Für sie ist es normal, dass Militärstrategen in Talkrunden sitzen und über unterschiedliche Waffensysteme sprechen. Aufrüstung ist Teil ihrer Wirklichkeit.