UK 52-53/2015 Jungfrauengeburt („Maria und das Ei des Erlösers“)
Es wäre besser gewesen, wenn der Autor statt des „Focus“ den Lukas ganz zitiert hätte. Die Weihnachtsgeschichte fängt nämlich mit Zacharias und Elisabeth an.
„Und sie hatten kein Kind; denn Elisabeth war unfruchtbar, und beide waren hochbetagt.“ Aber dann klappte es doch noch. Da ist es kein Wunder, dass Zacharias an Abraham erinnert, dem es ja ähnlich gegangen war (Genesis 21,5: 100 Jahre war Abraham alt, als sein Sohn Isaak geboren wurde). Es wird hier ja wohl deutlich, dass hier der neue Bund (Johannes, Jesus) mit dem alten Bund (Abraham) verbunden wird und sich die Abraham-Verheißung in Jesus erfüllt.
Maria war „zu jung“, Elisabeth war „zu alt“. Das Alter der Beteiligten spielt insofern eine Rolle, als das, was den Menschen unmöglich ist, bei Gott aber Wirklichkeit werden kann.
Wem diese Geschichte zu kompliziert ist, der sollte die vier Evangelisten lesen. Da geht es ganz einfach: Bei Matthäus, Markus, Lukas und Johannes lässt sich Jesus von Johannes taufen, und als er getauft wurde, „sprach eine Stimme vom Himmel: Du bis mein lieber Sohn, heute habe ich dich gezeugt“. Oder: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“. Hier wird die Formel, mit der der jüdische König inthronisiert wird, als Adoptionsformel gebraucht. Jesus wird Gottes Sohn durch Adoption.
Dann gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Alexander der Große war so bekannt, bewährt und berühmt, dass er als Gott verehrt wurde. Und als Gott ist er natürlich von Gott (Zeus) gezeugt und von einer Jungfrau geboren worden. Das war damals ein selbstverständlicher Ehrentitel und eine Auszeichnung, so wie bei Jesus auch.
Die Frage ist nur, wie man das in die Gegenwart übersetzt. Auf jeden Fall nicht mit unseren anthropologisch-gynäkologischen Begriffen und Vorstellungen. Viel aktueller ist das Problem der Annahme einer ungewollten Schwangerschaft und unerwünschter Kinder. Trotz unmöglicher Zustände haben Elisabeth und Maria ihre Umstände angenommen, ihre Söhne geboren und großgezogen. Kein schlechtes Vorbild – die Krippenszene damals.
Dr. Helmut Gatzen, Pfarrer i. R., Gütersloh
Artikel teilen: