Die Unesco hat neue Weltdokumente benannt – damit ist ein besonderes Schutzversprechen verbunden. Was haben blau-weiße Aufkleber, ein Bunker im Schwarzwald und der Vatikan damit zu tun?
Die Unesco hat am Freitag 74 bedeutende Dokumente neu in das Weltdokumentenerbe aufgenommen. Einige haben einen Bezug zu Deutschland – darunter Röntgenbilder von Wilhelm Conrad Röntgen, eine in München lagernde Abschrift des Babylonischen Talmuds, Kinderzeichnungen aus Kriegszeiten (1914-1950) sowie der Nachlass des Philosophen Friedrich Nietzsche. Mit deren Auszeichnung verfolgt die UN-Kulturorganisation das Ziel, diese Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dauerhaft zu sichern.
Der Schutz solcher Kulturgüter unterliegt besonderen internationalen Regelungen – allen voran der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten von 1954. Sie spielt eine besondere Rolle im Kriegsfall, verpflichtet aber auch in Friedenszeiten zum Schutz vor vielfältigen Gefahren und mahnt zur Instandhaltung der Kulturgüter.
Nicht nur die neu gelisteten Dokumente, sondern auch zahlreiche Bauwerke und Stätten in Deutschland genießen den Schutz der Unesco. Auch kleinere Einrichtungen wie Kirchen, Bibliotheken oder Museen, die Kulturgüter bewahren, profitieren von diesem Schutz. Das wird beim aufmerksamen Spaziergang durch Städte deutlich: Geschützte Kulturgüter sind oft an einem blau-weißen Schild mit dem Symbol des “Blue Shield” zu erkennen – dem internationalen Schutzzeichen der Unesco. “Blue Shield” ist eine Partnerorganisation. Sie wurde 1996 gegründet und hat ihren Sitz in Den Haag.
Obwohl die Haager Konvention vorrangig für bewaffnete Konflikte konzipiert wurde, setzt Blue Shield ihre Schutzmaßnahmen auch in Friedenszeiten aktiv um. In Katastrophenfällen – wie etwa beim Hochwasser im Ahrtal im Sommer 2021 – erleichtert die Markierung durch das Blue-Shield-Symbol die Bergung und Sicherung von Kulturgütern erheblich.
Warum diese besondere Sicherung wichtig ist, macht die Präambel der Konvention deutlich. Sie betont, “dass jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit bedeutet, weil jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet”. Neben dem Schutz von Leib und Leben sei daher der Schutz von Kulturgütern wichtig, um die “Widerstandsfähigkeit einer Gemeinschaft zu erhalten und auszubauen und wirtschaftliche Stabilität, Armut, Vertreibung und soziale Umwälzungen zu bekämpfen”.
In der Haager Konvention werden aber nicht alle Kulturgüter in gleicher Weise geschützt, es gibt verschiedene Stufen. Zur höchsten Schutzkategorie zählen Stätten, die im internationalen Register für Kulturgut unter ‘Sonderschutz’ geführt werden.”
In Deutschland steht nur ein Ort unter diesem besonderen Schutz: der Barbarastollen bei Freiburg. Am Eingang weisen gleich drei blau-weiße Schilder auf den besonderen Schutzstatus hin. Hinter schweren Stahltüren lagern dort seit den 1970er Jahren Kopien wichtiger deutscher Archivalien, darunter beispielsweise Sicherungskopien der Krönungsurkunde Karls des Großen, der Bannandrohungsbulle “Exsurge Domine” von Papst Leo X. gegen Martin Luther, der Baupläne des Kölner Doms, der Ernennungsurkunde Hitlers zum Reichskanzler und der Originalfassung des Deutschen Grundgesetzes. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz entscheidet, welche Dokumente dort eingelagert werden sollen – aktuell lagern dort mehr als 2000 Archivalien.