Sie kommen aus Ägypten, Großbritannien, Indonesien, Iran, Italien, aus dem Kongo, Pakistan und den Philippinen, aus der Ukraine und der USA: Es klingt nach einem biblischen Bild, ist aber eine aktuelle Erfahrung in der Auferstehungskirche in Bad Oeynhausen. Wenn der Vorbereitungskreis dort zum nächsten Internationalen Gottesdienst einlädt, versammeln sich Menschen unterschiedlichster Herkunft und Sprache.
Über die Anfänge des Projekts im Jahr 2007 berichtet Elsie Joy de la Cruz, die heute Pfarrerin der Evangelischen Kirche von Westfalen in Bad Oeynhausen ist: „Damals sprach ich noch nicht gut Deutsch, aber ich hatte Sehnsucht nach einem Gottesdienstbesuch. Hungrig nach Gottes Wort ging ich in die Kirche – aber so leer, wie ich gekommen war, ging ich auch wieder.“
Zugang zu eigenen Glaubenserfahrungen
Für Menschen, die noch wenig Deutsch sprechen, bieten landeskirchliche Gottesdienste und ihre Predigten oft kaum einen Zugang zu ihren eigenen Glaubenserfahrungen. Das war der Grund dafür, die Internationalen Gottesdienste zu starten.
Das Projekt startete mit wenigen Menschen, heute versammeln sich in der Regel zwischen 60 und 80 Menschen am Sonntagnachmittag. In einem Vorbereitungskreis wird ein Thema bedacht, Lieder aus den Kulturen der beteiligten Menschen werden ausgewählt. Die Predigt wird auf Deutsch gehalten: „Deutsch ist die Sprache, die uns verbindet. Doch in den Lesungen und Liedern kommen weitere Muttersprachen zum Klingen“, so Pfarrerin de la Cruz.
In Bad Oeynhausen setzt man auf die Beteiligung möglichst vieler Ehrenamtlicher. Sie bereiten auch das Kaffeetrinken vor, zu dem alle nach dem Gottesdienst eingeladen sind. Es ist ein wichtiger Teil der Gemeinschaft, denn hier entstehen viele wichtige Kontakte, die den Einzelnen helfen, in Bad Oeynhausen anzukommen und eine neue Heimat zu finden.
Ausdruck von Vielfalt in Gemeinschaft
Elsie Joy de la Cruz ist inzwischen – gemeinsam mit Alireza Fathollahzadeh Gharabaei, der aus dem Iran stammt – Synodalbeauftragte für „Kirche in Vielfalt – Interkulturelle Entwicklung“; beide werben dafür, den Reichtum der Kulturen in Ortsgemeinden fruchtbar zu machen.
Die Welt im Kleinen im Gottesdienst: Erfahrungen dazu gibt es inzwischen an verschiedenen Orten in Westfalen. Zum Beispiel in Bochum. Dort lässt es sich im Gemeindebrief ablesen: Der englischsprachige Gottesdienst wurde Teil des landeskirchlichen Gottesdienst-Angebots. Geleitet von einem kamerunischen Theologen und einer in Amerika ordinierten Pfarrerin verbindet er mehrere Nationen. Am Anfang stand der Bedarf nach englischsprachiger Seelsorge und Begleitung in Trauerfällen. Inzwischen wurde aus dem Nebeneinander von landeskirchlicher und internationaler Gemeinde ein Ausdruck von Vielfalt in Gemeinschaft.
Die Pizza danach
Oder in Dortmund, wo Pizza eine wichtige Rolle spielt: Studio 41, ein Projekt junger Erwachsener, bietet Raum für vielfältige Talente. Es versteht sich als transkulturelles Start-up, das Raum gibt für kulturelle und sprachliche Vielfalt. Im Vorfeld der Gottesdienste sind viele Menschen beteiligt: Die Technik und die Dekoration des Raumes, die Musik und die Vorbereitung der Predigt wird auf viele Schultern verteilt. Während des Gottesdienstes gibt es Stationen für Stille, Aktion, Tanz und Gebet. Das Fürbittengebet ist offen – aus den Reihen werden Bitten in unterschiedlichen Sprachen laut.
Für Barbara Matt und Justin Sathismukar, die das Projekt koordinieren, ist wichtig: „Unsere Gottesdienste sind im Fluss. Wir setzen auf Beteiligung. Und wir werden uns weiterentwickeln“ Was aber wohl bleiben wird, ist die Pizza danach: „Vermutlich kommen einige sogar wegen der Pizza. Wir sind wohl eine Gemeinschaft der Pizzaessens und des Gebets.“
Im Prozess „Kirche in Vielfalt – Interkulturelle Entwicklung“ haben westfälische Gemeinden begonnen, ihre Erfahrungen mit Internationalen Gottesdiensten zu vernetzen. Koordiniert wird der Prozess im neuen oikos-Institut für Mission und Ökumene. Interessierte dürfen sich dort gerne melden.