In Serbien brodelt es schon seit geraumer Zeit. Nun setzt ein umstrittener Immobiliendeal aus dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump die Regierung von Präsident Aleksandar Vucic zusätzlich unter Druck.
Ein Luxushotel, 1.500 Apartments, Geschäfte, Büros – und an der Fassade des Megakomplexes könnte der Name “Trump” stehen: Die Pläne für das ehemalige Hauptquartier der jugoslawischen Armee sind gewaltig. Bauherr ist der ehemalige Trump-Berater und Schwiegersohn des US-Präsidenten Jared Kushner. Er will das nicht sehr ansehnliche, aber historisch bedeutsame Gebäude im Herzen Belgrads in einen Lifestyle-Komplex verwandeln. Doch es formiert sich Widerstand.
“Was dem Generalstabsgebäude widerfahren ist, ist eine Schande und eine Respektlosigkeit gegenüber den Opfern, unserem Volk und allem, wofür wir stehen”, sagte ein Student diese Woche. Gemeinsam mit Tausenden Demonstranten hatte er sich vor dem “Zgrada Generalstaba” versammelt, um gegen die Umbaupläne zu protestieren. Der Gebäudekomplex, erbaut in den 1950ern und 60ern, ist ein Stück jugoslawische Geschichte. 1999 wurde er schwer beschädigt, als die Nato jugoslawische Ziele in der Region bombardierte. Die Angriffe sollten den Abzug jugoslawischer Truppen aus dem Kosovo erzwingen. In Belgrad und darüber hinaus schürte die Nato-Bombardierung nachhaltig anti-westliche Ressentiments.
Dass mit Kushner ausgerechnet ein Immobilien-Tycoon aus den USA den Zuschlag für den Umbau bekam, empfinden die Gegner als Schlag gegen die serbische Seele. Der “Generalstab” sei die “letzte Bastion”, erklärten Kunst- und Architekturstudenten. Und die Opposition schäumte: Ein Ort, den die USA einst angriffen, dürfe drei Jahrzehnte später nicht zu “Trumps privatem Hamam” werden.
Am vergangenen Montag, dem 26. Jahrestag der Nato-Bombardierung, unterzeichneten Tausende eine Petition an das serbische Parlament. Ihre Forderung: Das Gebäude müsse unter Denkmalschutz gestellt werden. Auch international sind die Blicke nach Belgrad gerichtet. Der Denkmalschutz-Verband Europa Nostra setzte das ehemalige jugoslawische Verteidigungsministerium vor kurzem auf seine Liste der sieben gefährdetsten Bauwerke in Europa.
Die Demonstranten werfen der Regierung von Präsident Aleksandar Vucic vor, mit dem Kushner-Deal ein Stück serbische Identität zu verkaufen. Voriges Jahr schloss die Regierung mit Kushners Unternehmen Affinity Global Development einen Pachtvertrag über 99 Jahre ab. Der Schutzstatus, den das Gebäude bis dahin genoss, wurde annulliert. Doch die Behörden in Belgrad beschwichtigen, sprechen von einer “Revitalisierung” des stillliegenden Komplexes. Zudem habe sich der Investor verpflichtet, ein Gedenkzentrum in den Neubau zu integrieren: ein Museum, das alle Opfer des Nato-Einsatzes ehre.
Ohnehin kommt es seit Wochen in Serbien zu Massenprotesten gegen die Vucic-Regierung, unter anderem aus Wut über korrupte Strukturen. Dass die Studenten und ihre Verbündeten nun auch gegen Kushners Baupläne protestieren, überrascht Isidora Stakic, Forscherin am Belgrader Zentrum für Sicherheitspolitik, kaum. “Wie Serbiens Behörden mit dem Generalstab umgehen, ist beispielhaft für Korruption, Staatsvereinnahmung und die Entfremdung öffentlichen Eigentums für privaten Profit.” Geschichte, Kultur und Erinnerung würden durch das Bauvorhaben kommerzialisiert. “Es zeigt auch, dass die serbische Regierung eher den Interessen des Großkapitals dient als denen ihrer Bürger”, kritisiert Stakic.
Und was die andere Seite betrifft: Hier fügt sich Kushners Projekt in die neue US-Außenpolitik ein. Gelder für internationale Organisationen und US-Auslandssender werden gestrichen – statt auf klassische Soft Power setzt Trump auf militärische Drohungen, Geschäftsbeziehungen und Familienbande.
In Südosteuropa ist der Belgrader Hotelkomplex längst nicht das einzige Immobilienprojekt der Familie. Auch in Albanien wollen Kushner und Ehefrau Ivanka Trump investieren. So soll auf der Adria-Insel Sazan ein Luxus-Ferienressort entstehen, auch am gegenüberliegenden Küstenstreifen nördlich der Stadt Vlora soll gebaut werden. Über seine Pläne informierte Kushner laut Medienberichten den albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama bei einem Treffen. Daneben könnte der Trump-Clan bald auch in Ungarn aktiv werden. Hier plant Kushner-Freund und Immobilienentwickler Mohamed Alabbar, den größten Wolkenkratzer Europas zu bauen.