Mit Eimer und Mikroskop der Meeresverschmutzung auf der Spur: Auf Helgoland lernen Schüler hautnah, wie Mikroplastik die Natur bedroht. Dafür sorgt ein spezielles Forschungslabor.
Weit draußen in der Nordsee liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel. Helgoland mit seinen typisch roten Klippen, dem Felsen “Lange Anna” und seinem grünen Oberland in gut 40 Meter Höhe ist Touristen-Hotspot. Es ist aber auch eine Oase mit der reichsten marinen Tier- und Pflanzenwelt der deutschen Küste.
Die Insel ist jährlich Ziel von zigtausenden Vögeln, die dort ausruhen auf ihrem Zug nach Süden beziehungsweise Norden. Dort brüten Trottellumme, Basstölpel, Eissturmvogel und Tordalk. Es tummeln sich Kegelrobben und Seehunde. Ein ideales Gebiet für das Alfred-Wegener-Institut, das sich mit Meeresforschung befasst.
Mit einem Schülerlabor bietet es jungen Menschen an diesem besonderen Standort die Möglichkeit, selbstständig zu forschen und so die Ursachen des Klimawandels etwas besser zu verstehen. Jedes Jahr kommen bis zu 1.800 Schüler der Oberstufe jeweils für knapp eine Woche auf die Insel. “Sie sollen im kleinen die Probleme erkennen, darüber nachdenken und ins Handeln kommen”, sagt die wissenschaftliche Leiterin des Labors, Antje Wichels. Die Methode: durch experimentelle Arbeit Wissenschaft hautnah erleben und für das Leben lernen.
Die Meeresbiologin will mit ihrem Team konkret vermitteln, wie Müll die Meere verseucht, wie Plastik die Tierwelt gefährdet und was passiert, wenn die Meerestemperatur weiter so rapide ansteigt. “Wir setzen ganz praktisch an”, erläutert die 60-Jährige.
Die jungen Leute rücken mit Eimern aus und analysieren die Sandproben auf Makro- und Mikroplastik. Sie identifizieren das Plastik, analysieren den Müll und pflegen die Daten in eine europäische Datenbank ein. “Sie sollen lernen, was passiert, wenn die Verschmutzung der Meere weiter zunimmt”, sagt Wichels. Manchmal entdeckten sie schon in nur einer Sandschaufel 40 bis 50 Plastikteile.
In der Nordsee ist der klimawandelbedingte Temperaturanstieg nachweisbar. Um etwa 1,7 Grad hat sich das Wasser in den vergangenen Jahrzehnten durchschnittlich erwärmt. Organismen, die dort heimisch sind und es auch zukünftig sein wollen, müssen sich diesen Veränderungen anpassen. Im Schülerlabor können die jungen Menschen etwa die Anpassungsmöglichkeiten der Miesmuschel untersuchen. “Wir bieten verschiedene Lernmodule zu ökologischen und aktuellen Themen aus der Wissenschaft an, aus denen die Klassen frei wählen können”, so Wichels.
Die jungen Menschen kommen aus ganz Deutschland, aber auch aus Rumänien und Polen. Damit nehmen die Schülergruppen auch die stürmische Tage auf der Insel in Kauf – und die Unsicherheit, eventuell länger bleiben zu müssen, weil der Fährbetrieb wegen orkanartiger Stürme eingestellt wird. Eine Hochseeinsel eben.
Dafür dürfen die Schüler im Felswatt forschen. Mit Mikroskopen, Foto-Binokularen, Feinwaagen und Zentrifugen erfassen sie ökologische Daten. Sie diskutieren, mal im Rollenspiel, mal im Escape-Room.
Antje Wichels und ihr Team wollen Begeisterung wecken für die Forschungsarbeit, für die gefährdete und schützenswerte Natur und Bewusstsein ändern. Ihr Appell: “Bewahrt Euch die Neugier auf die Natur, den Wert des Erhaltes dieser Vielfalt!”