UK 18/2016, Andacht (Seite 3: „Einmal Schweigen bitte“)
Gerade im medialen Bereich machen immer öfter Andachten und Gottesdienste, die doch eigentlich „Mühselige und Beladene“ trösten könnten, teilnehmende alte Christenmenschen noch trauriger und einsamer..
Da überbieten sich die gastgebenden Gemeinden gegenseitig an kirchenmusikalischen Sonderangeboten, die manchmal alles aus dem jeweiligen Kirchenkreis Aufbietbare an Chören, Bands und Solisten zusammentrommeln und damit die Restzeitpredigten auf ein Minimum zusammenschmelzen.
Am vergangenen Maifeiertag wurde aus dem Saarland ein „Gottesdienst“ übertragen, den man zum größten Teil nur noch als Info-Veranstaltung für die Flüchtlingsarbeit am Ort bezeichnen kann.
Die gedruckten Andachten, zum Beispiel in UK, sind stärker um den Predigttext bemüht, allerdings auch oft mehr von Originalitätsbestreben geprägt als von Verständnishilfe.
Die UK-Andacht zum 1. Mai konnte uns leider auch nicht trösten. Wenn eine Pfarrerin am Sonntag Rogate („Betet“) pseudolustige Ratschläge aus einem Friseursalon erteilt, dann wissen wir nicht mehr, wohin wir schalten sollen. Wo Paulus damals die Gemeinde bittet, den Mund aufzutun und mit Gott zu sprechen, da rät eine Pastorin heute, für Stille um sich her zu sorgen und zu schweigen. Abgesehen davon, dass man die erträumte Stille auch in einem englischen Friseursalon nie erreichen wird, ist die ichbezogene Suche nach Ruhe, die manchmal sehr angebracht sein mag, nicht das, was der vorgegebene Predigttext am Sonntag Rogate von den Hörern beziehungsweise Lesern erwartet.
Ja, es gibt manche Fragen um das Gebet. Aber die sollten verantwortlich beantwortet werden, nicht im egozentrischen Kreisen um das, was einem gut tut.
Beten soll schwer sein? Unser Kirchenvolk weiß es seit Langem besser: Not lehrt beten! Und gerade evangelische Gemeindehirten sollten aufzeigen, dass Beten schlichtes Reden mit Gott ist, dankbar aufatmendes oder aus tiefer Not schreiendes Reden mit Gott. Niemand sollte phantasieren, was Jesus heute sagen würde, sondern erklären, was er wirklich damals gesagt hat, „nicht viel plappern wie die Heiden“ (Matthäus 6,7).
Wolfgang Kopplin, Plettenberg
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