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Schauspieler Urbanski sieht Bluttests für Schwangere kritisch

Sebastian Urbanski arbeitet als Schauspieler, er ist verheirat. Und er hat das Down-Syndrom. Auch deshalb sieht er den Bluttest für Schwangere kritisch: Menschen wie er würden dann noch häufiger aussortiert, meint er.

“Höher kannst du nicht fliegen.” Das hat sein Vater zu ihm gesagt. Vor sieben Jahren, als Sebastian Urbanski im Bundestag eine eindringliche Rede zum Holocaust-Gedenktag hielt. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck wollte anschließend seine Hand nicht mehr loslassen, so erzählt er. Auch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beglückwünschte ihn. Spätestens da wurde der leidenschaftliche Schauspieler ein Promi. Ein Promi mit Down-Syndrom.

Was sein Vater damals nicht wusste: Es sollte einen weiteren Höhenflug geben, im vergangenen Jahr heiratete Urbanski. Seine Frau Juliana Götze ist ebenfalls Schauspielerin und hat wie er in mehreren Filmen mitgespielt. Kennengelernt haben sich die beiden in der Theatergruppe “RambaZamba”, in der Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung zusammen arbeiten. Sie leben inzwischen in einer gemeinsamen Wohnung der Lebenshilfe in Berlin-Wedding.

Mit der Lebenshilfe verbindet ihn noch mehr: Der 46-Jährige engagiert sich in dem Verein für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Als erstes Mitglied mit Down-Syndrom ist er in deren Vorstand berufen worden. Er sieht darin eine große Chance, sich in politische Fragen einzumischen. So sieht er es kritisch, dass der Bluttest für Schwangere seit rund zwei Jahren unter bestimmten Voraussetzungen eine Kassenleistung ist.

Urbanski ist gegen die Tests, mit denen festgestellt werden kann, ob das Kind ein Down-Syndrom hat. “Ich leide nicht am Down-Syndrom”, versichert Urbanski. Er bedaure es sehr, dass durch vorgeburtliche Tests “Menschen wie ich vor der Geburt aussortiert werden”. Mit seinem Engagement will Urbanski Eltern Mut machen, sich für ein Kind mit der gleichen genetischen Besonderheit zu entscheiden und es nicht abtreiben zu lassen.

Mit seiner Kritik an dem Test ist Urbanski nicht allein. Neben den Behindertenverbänden ist es auch die katholische Kirche, die sich dagegen positioniert. Seit einigen Monaten ist auch eine interfraktionelle Abgeordnetengruppe aktiv, die möchte, dass es für die Tests zumindest ein Monitoring gibt. Am Freitag stimmt der Bundestag über ihren Antrag ab. Einer der Gründe dafür: Laut Untersuchungen ergibt fast jeder dritte Test zu Unrecht einen Hinweis auf eine Trisomie. Nachbarländer zeigten zudem, dass mit der Einführung von Kassenleistungen deutlich weniger Kinder mit Trisomie 21 zur Welt kämen. Kritiker der Methode befürchten, dass durch die Tests langfristig die Stigmatisierung von Familien mit Trisomie-21-Fällen zunehmen und die Unterstützungsangebote für Betroffene abnehmen.

Urbanski will sich in jedem Fall weiter engagieren. Seine Liebe zum Schauspiel soll darunter aber nicht leiden. Zumal diese Leidenschaft Urbanski, der 1978 im Ost-Berliner Bezirk Pankow geboren wurde, quasi mit in die Wiege gelegt wurde: Seine Eltern sind große Theaterfans, so dass sein Vater ein Puppentheater für ihn als kleinen Jungen bastelte. Als seine Eltern ihm mit Handpuppen Geschichten vorspielten, war der Junge Feuer und Flamme, so erzählt es seine Mutter Bettina Urbanski.

Mit den Nachbarskindern übte er kleinere Stücke ein. Als seine Mutter von einem integrativen Theaterprojekt hörte, war Urbanski als einer der ersten dabei. Nach Abschluss der Schule wurde das Theater für ihn ein Ausgleich zur Arbeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Als das Theater 2007 den Status einer Kunst-Werkstatt erhielt, wurden die Mitglieder fest angestellte Schauspieler.

Auch im November steht er wieder auf der Bühne – zusammen mit seiner Frau. In dem neu inszenierten Shakespeare-Klassiker “Sein oder Nichtsein” spielt er den Theaterregisseur Peter Zadek, der in dem Stück das Shakespeare-Drama gegen alle Widerstände auf die Bühne bringen will.