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Sand oder Pumpen?

Wie Pfarrer Holger Pyka in Wuppertal das ­Hochwasser erlebte

Von Holger Pyka

Wir dachten, wir wären vorbereitet. Nach dem letzten Starkregen 2018, der uns alle kalt erwischt hat – wer rechnet im Bergischen Land schon mit Hochwasser? Wir haben Elementarschadensversicherungen abgeschlossen, Rohre verstärkt und elektronische Rückstauventile eingebaut. Als der Regen ­zunimmt, sehen wir, die wir relativ hoch oben auf dem Berg sind: Es funktioniert. Nur an einer Stelle strömt das Wasser von noch weiter oben ein, staut sich vor der Eingangstür, droht durchzubrechen. 

Gullis sprudelten wie Springbrunnen

Als ich kurz vor Geschäftsschluss in den Baumarkt laufe, fängt mich eine Mitarbeiterin ab: „Sand oder Pumpen?“ Die fünf Sandsäcke reichen, um die Eingangstür zu sichern. Bald darauf lässt der Regen nach. Aber als wir gerade aufatmen wollen, kommen die Bilder aus der Talsohle: ­Gullis, die das Wasser wie Springbrunnen in die Luft sprudeln, das unter braunem Wasser verschwundene Wupperufer. Dann die Warnung: Die Wuppertalsperre wird überlaufen und eine Flutwelle durchs Tal schicken. 

Gemeindehäuser als ­Notschlafstellen angeboten

Zum ersten Mal in meinem Leben höre ich Sirenen, die kein Probealarm sind. Über Lautsprecher werden die Menschen aufgefordert, vom Erdgeschoss in höhere Stockwerke auszuweichen, die Talsohle zu ­meiden und um Himmels Willen nicht in den Keller zu gehen. Wir ­bieten der Feuerwehr unsere Gemeindehäuser als Notschlafstellen an, ­organisieren Leute, die kochen und für Gespräche da sind. Zum Glück werden sie nicht gebraucht – die meisten Menschen kommen bei Freunden oder Verwandten unter. 

Das ist auch eine Erfahrung dieser Tage, und zwar eine schöne: Die Hilfsbereitschaft ist enorm. Überall öffnen Menschen ihre Türen, verleihen Autos und Maschinen, packen mit an. Man kann nicht anders, als ein bisschen stolz zu sein auf diese Stadt und ihre Menschen.