Thomas de Mazière, Peer Steinbrück, Andreas Voßkuhle und Julia Jäkel wollen etwas an den Staat zurückgeben. In einer gemeinsamen Initiative haben sie 30 Reformideen erarbeitet – ganz vorne steht die Digitalisierung.
Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat 30 konkrete Vorschläge für eine umfassende Staatsreform vorgelegt. Von weniger und wirksameren Gesetzen über den Abbau von Bürokratie hin zu einer Entwirrung der Bund-Länder-Kompetenzen reichen die am Mittwoch präsentierten Ideen. Dahinter stehen als Initiatoren der Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, Medienmanagerin Julia Jäkel und die beiden ehemaligen Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) und Peer Steinbrück (SPD).
Wenn der Staat als nicht handlungsfähig erscheine, wendeten sich viele Bürgerinnen und Bürger von ihm ab und politischen Randgruppen zu, mahnte Voßkuhle bei der Vorstellung des Zwischenberichts der Initiative. “Wir müssen weg von einer Misstrauenskultur hin zu einer Vertrauenskultur”, so Voßkuhle weiter. Erste Gespräche mit Union und SPD im Zuge der Sondierungsgespräche habe es bereits gegeben. Auch mit Vertretern der Grünen und der FDP stehe man im Austausch.
“Wir stehen für keine Interessengruppe, wir sind überparteilich und wollen etwas zurückgeben”, sagte Voßkuhle. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist Schirmherr der Initiative. Gemeinsam mit rund 50 Experten wurden Reformvorschläge in sieben übergeordneten Bereichen erarbeitet, etwa zu Gesetzgebung, Sozialem und Bildung.
Als Experten seien im ersten Schritt bewusst keine aktiven Politiker und großen Verbandsrepräsentanten angefragt worden, sagte Voßkuhle und fügte hinzu: “Mehr Praktiker als Professoren.” Im nächsten Schritt werde man aber auch den Austausch mit den Verbänden verstärkt suchen. So befürwortet die Initiative etwa eine allgemeines Dienstpflicht für ein Jahr für alle Bürger.
Zentraler Baustein der Reformvorschläge ist die Digitalisierung. “Wir haben die Digitalisierung verschlafen”, beklagte Voßkuhle. Daher plädiert die Initiative für ein neues, schlankes Bundesministerium für Digitales und Verwaltung samt Digitalagentur für die Umsetzung. Dieses Ministerium solle auch ressortübergreifend für Personalfragen zuständig sein.
Zusätzlich, so führte Jäkel weiter aus, müsse der Staat auch Digitalexperten und Quereinsteiger für seine Reformen gewinnen. Das gelte auch für den Staat als Auftraggeber, der junge Unternehmen früher und besser erreichen müsse. Der Staat müsse viel strategischer und weniger “wurschtig” als Auftraggeber von Dienstleistungen agieren, so Jäkel.
Ein weiterer Kern der Reformforderungen ist die Entwirrung von Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das betreffe etwa die Bildung. Hier ist der Vorschlag ein Nationaler Bildungsrat, der bundeseinheitliche Standards erarbeitet. Die Zuständigkeit der Länder solle aber bleiben. Zudem sollten die Länder leichter bundeseinheitliche Entscheidungen im Bundesrat treffen können. In der Migrationspolitik, so de Maizière, sollte der Bund ausschließlich für Abschiebungen zuständig sein, die Länder indes für die Integration.