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Roth will im Streit um “Stalag 326”-Gedenkstätte vermitteln

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) will im Streit um die Finanzierung der Gedenkstätte „Stalag 326“ in Schloß Holte-Stukenbrock vermitteln. Sie kündigte am Sonntag in Berlin an, die Verantwortlichen des Landes und der kommunalen Ebene zu einem klärenden Gespräch einzuladen. „Es wäre ein herber Rückschlag für die Erinnerungskultur in unserem Land und ein gefährlicher Präzedenzfall, wenn die Gütersloher CDU mit Unterstützung der AfD die Finanzierung einer wichtigen Gedenkstätte stoppt und damit deren Schließung riskiert“, sagte Roth.

Nach den Plänen von Bund, Land Nordrhein-Westfalen und Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) soll der Gedenkort für Kriegsgefangene der Nationalsozialisten aus der ehemaligen Sowjetunion bis 2031 zu einer nationalen Gedenkstätte erweitert werden. Im Gütersloher Kreistag hatte eine Mehrheit mit Stimmen von CDU, AfD und FWG/UWG (Kreisverband der Freien und Unabhängigen Wähler Gütersloh) gegen die geplante Beteiligung an den Betriebskosten in Höhe von 460.000 Euro jährlich votiert. Der Förderverein hat die Gedenkstätte „Stalag 326“ nun bis auf Weiteres geschlossen, um zu prüfen, ob sie weiter betrieben werden kann.

Bund, Land und LWL haben Zusagen zum Ausbau der Gedenkstätte in Höhe von 64 Millionen Euro gegeben. Die Betriebskosten sollen nach dem Ausbau gemeinsam vom LWL (55 Prozent), dem Land (20 Prozent) und den Kommunen in der Region (25 Prozent) getragen werden. Das Projekt ist nach Angaben des Landschaftsverbandes LWL ohne kommunale Beteiligung an den Betriebskosten nicht durchführbar. Eine Machbarkeitsstudie für den Ausbau der Gedenkstätte hatte der LWL bereits vor drei Jahren im Kreistag Gütersloh vorgestellt.

Roth betonte: „Die Erinnerungspolitik in unserem Land ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Der Bund habe 25 Millionen Euro im Vertrauen darauf zur Verfügung gestellt, dass auch die anderen Beteiligten ihren Beitrag leisteten. „Nur so kann die so wichtige Erinnerungsarbeit im Kulturföderalismus funktionieren.“ Die Erinnerung an Krieg und Gewalt durch das nationalsozialistische Deutschland müsse demokratischer Konsens sein. „Diesen gilt es zu befestigen und nicht zu beschädigen“, appellierte die Kulturstaatsministerin.

NRW-Landtagspräsident André Kuper (CDU) hatte vor der Abstimmung im Kreistag vor einem Scheitern der Pläne gewarnt und betonte, die geplante Gedenkstätte sei wichtig für die Demokratiebildung, gerade in Zeiten, in denen rechtsextreme Tendenzen zunehmen. Kuper setzt sich bereits seit mehreren Jahren für das Projekt ein.

Der private Förderverein der Gedenkstätte erklärte am Samstag, die Mitglieder seien „zutiefst getroffen und schockiert“ von der Entscheidung des Kreistags. Die meisten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sähen sich nicht mehr in der Lage, „dem zeitlichen Umfang, der Vielfalt und der Qualität der Anforderungen gerecht zu werden“. Die Bereitschaft weiter mitzuarbeiten, bleibe zwar erhalten, „aber nicht in dieser Form“. Dabei sei es angesichts des wachsenden Rechtspopulismus besonders wichtig, über den Nationalsozialismus mit seiner „vernichtenden Ideologie“ aufzuklären, hieß es.

Die kleine Gedenkstätte in Schloß Holte-Stukenbrock erinnert an die 300.000 Gefangenen, die von 1941 bis 1945 das sogenannte „Stammlager 326“ (Stalag) der Nationalsozialisten durchliefen und von dort aus zur Zwangsarbeit im Ruhrbergbau, in Landwirtschaft und Industrie eingesetzt wurden. Schätzungen zufolge starben etwa 65.000 Menschen aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen, in einem nahe gelegenen Lazarett und in den Arbeitskommandos.