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Romanmanuskript von Droste-Hülshoffs kommt ins Literaturarchiv

Die einzige erhaltene Handschrift des unvollendeten Romans „Ledwina“ von Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) ist in das Westfälische Literaturarchiv in Münster überführt worden. Das Droste-Forum habe das rund 200 Jahre alte Manuskript in Kooperation mit der Droste-Forschungsstelle bei der Literaturkommission für Westfalen aus Privatbesitz angekauft, teilte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Donnerstag in Münster mit. Das Manuskript, das auf Dauer dem Westfälischen Literaturarchiv im LWL-Archivamt zur Verfügung gestellt werde, soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Das Manuskript entstand laut Landschaftsverband wahrscheinlich zwischen 1820 und dem Winter 1825/1826. Droste-Hülshoff hatte das Manuskript bei ihrem Tod 1848 auf der Meersburg bei sich, es wurde den Angaben zufolge ihrem Meersburger Nachlass jedoch im frühen 20. Jahrhundert entnommen und gelangte in Privatbesitz. Durch den Ankauf könne „Ledwina“ nun nach rund 100 Jahren in den Meersburger Nachlass zurückkehren, der seit 2018 als Dauerleihgabe der Staatsbibliothek Berlin im Westfälischen Literaturarchiv liege.

Das Westfälische Literaturarchiv im LWL-Archivamt biete bestmögliche Bedingungen für seine Konservierung und Restaurierung, erläuterte der Leiter des LWL-Archivamts, Marcus Stumpf. Feuchtigkeitsflecken, Risse und Tintenfraß machten das Manuskript stellenweise unleserlich. Das Manuskript sei nach seiner Ankunft im Archiv digitalisiert worden. In Kürze werde es auf der Internetseite „archive.nrw“ online zugänglich gemacht.

Der Roman sei stark autobiographisch geprägt und registriere die Spannungen zwischen der traditionellen Gesellschaftsordnung und der beginnenden Moderne in einem Westfalen, erklärte der LWL. Annette von Droste-Hülshoff schildere darin die junge, von Krankheit gezeichnete Ledwina, die aus dem westfälischen Landadel stammt und als sensible, phantasievolle Persönlichkeit nach ihrem Ort im Leben sucht.

Der Roman sei erst 1886 posthum gedruckt und seither mehrfach ediert worden, erklärte der LWL. Das Manuskript umfasse 48 Seiten, von denen 40 beschrieben seien. Die vielen Bearbeitungsspuren, wie etwa Streichungen, Überschreibungen und Korrekturen, zeigten, wie intensiv Droste an ihrem Text gefeilt habe, erklärte die Leiterin der Droste-Forschungsstelle bei der Literaturkommission.

„Ledwina“ sei ein zentraler Text für die Entwicklung von Drostes Schreiben, erklärte der Vorsitzende des Droste-Forums, Jochen Grywatsch. Droste habe darin neue poetische Verfahren erkundet, die auf die Gesellschaftsromane des Realismus am Ende des 19. Jahrhunderts vorausweisen würden. LWL-Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Parzinger bezeichnete das einzige existierende Manuskript des frühen Romans als einen Kulturschatz, der weit über Westfalens Grenzen hinaus identitätsstiftend sei.