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Retro-Handys werden als Trend gehandelt – Begrenzte Beliebtheit

Sie sollen dem Smartphone Konkurrenz machen; Influencer werben mit ihnen für den Digital Detox. Dabei taugen sogenannte Dumbphones für die Generation Z höchstens als Zweit-Handy, meint ein Zukunftsforscher.

Die persönliche Bildschirmzeit reduzieren, sich aus der Smartphone-Abhängigkeit befreien. So bewerben Hersteller moderner simpler Mobiltelefone ihre Produkte. Dumbphones nennen sich die Geräte, die telefonieren und SMS versenden können – so wie früher Handys. Sie sind eben nicht mehr smart. Aber kommen sie bei jungen Menschen wirklich so gut an? Taugen sie vielleicht sogar als Weihnachtsgeschenk für die (Enkel-)Kinder?

Praktischerweise werden sie von entsprechender Werbung direkt erreicht: in die Sozialen Medien. Influencer werben auf Plattformen wie TikTok und Instagram bei jungen Menschen für weniger digitalen Stress und einen Alltag ohne Schnickschnack. In vielen europäischen Medien wird das Dumbphone schon eine Weile als absoluter Trend bei der Generation Z gehypt, also etwa den zwischen 1995 und 2010 Geborenen. Aber ist der Trend wirklich einer?

Nein, sagt Zukunftsforscher Hartwin Maas vom Institut für Generationenforschung in Augsburg. Der 43-jährige befasst sich unter anderem mit den Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Generationenforschung. “Die Gen Z ist digital aufgewachsen. Für sie wäre es absolut sinnfrei, ins analoge Zeitalter zurückzukehren, das sie gar nicht kennen.” Generell seien Trends bei jungen Leuten sehr schnelllebig. Eine Rückkehr zum Handy sei langfristig keinesfalls zu erwarten.

Von deutlich gestiegener Nachfrage sprechen dagegen Hersteller wie der finnische Konzern HDM Global, der 2016 die Marke Nokia gekauft hatte. Auf dem amerikanischen Markt sei mit einem Wachstum von satten fünf Prozent in den kommenden fünf Jahren zu rechnen, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Kunden wünschten sich “eine Pause vom ständigen Strom eingehender digitaler Benachrichtigungen, mehr Einfachheit und mehr Zeit für persönliche Gespräche”, wird Marketingchef Lars Silberbauer zitiert.

Wissenschaftler Maas erklärt den gestiegenen Absatz anders. Den endgültigen Wechsel zum Dumbphone wage mehr die Generation der Best Ager – damit sind Menschen ab 55 Jahren gemeint. Sie seien ohnehin nicht übermäßig smartphone-affin. Bei der Gen Z gehe der Trend “höchstens zum Zweit-Dumbphone”, ist Maas überzeugt. Dann gehe es um kurzfristige Detox-Phasen, die selbstverständlich auf Social Media angekündigt und dokumentiert würden.

Dafür spreche auch, dass die Ansprache rein digital funktioniert. Nur so sei die Zielgruppe Gen Z nämlich zu erreichen, sagt Maas. Insgesamt werde die Digitalisierung weiter zu- statt abnehmen.

Das unterstreichen auch die Umfragen des Digitalverbands Bitkom. Sie dokumentieren einen Sog in die digitale Welt, der immer stärker zu werden scheint. 78 Prozent der Deutschen, also 8 von 10 besitzen demnach ein Smartphone. Knapp drei Stunden verbringen junge Menschen im Alter von 16 bis 29 täglich mit ihrem Smartphone.

Deutlich weniger Bildschirmzeit erreichen nur die über 65-Jährigen. Aber auch sie schaffen es auf stolze 80 Minuten täglich. Allerdings nutzen in dieser Altersgruppe auch nur 48 Prozent ein Smartphone; ein Drittel begnügt sich mit einem einfachen Handy. Dafür griffen gerade ältere Menschen auch wegen der vielen integrierten Gesundheitsfunktionen gerne nebenbei zur Smartwatch – Tendenz steigend.

Ein Trend zum Dumbphone lässt sich aus den Bitkom-Zahlen nicht ablesen. Allerdings scheint der Wunsch nach zumindest zeitweiser digitaler Abstinenz auch kein vorübergehendes Phänomen zu sein. Knapp 70 Prozent der Deutschen geben an, von der Smartphone-Nutzung ihrer Mitmenschen bei persönlichen Treffen genervt zu sein.

Ein kürzlich veröffentlichter Report des britischen Marktforschungsinstituts Mintel über globale Konsumtrends für 2024 malt dies etwas weiter aus: “Verbraucher, die auf Kosten von sinnvollen, realen Beziehungen Trost durch Bildschirme finden, werden im Interesse ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit nach neuen Formen der Intimität suchen.” Für welche Generation das gelten könnte, bleibt allerdings unklar. Da bleibt nur der – digitale oder analoge – Wunschzettel, um bei den Weihnachtsgeschenken auf Nummer sicher zu gehen.