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Regeln für Bundesverfassungsgericht werden im Grundgesetz verankert

Der Bundestag hat eine Grundgesetzänderung für einen besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor möglicher politischer Instrumentalisierung und Blockade verabschiedet. Mit der Mehrheit von 600 Stimmen beschloss das Parlament am Donnerstag in Berlin ein Gesetz, das Prinzipien des Gerichts, die für das Funktionieren und die Unabhängigkeit wesentlich sind, in der Verfassung verankert. Notwendig war eine Zwei-Drittel-Mehrheit – mindestens 489 Stimmen. Auch der Bundesrat muss dem noch zustimmen.

Die grundlegenden Organisationsprinzipien des Bundesverfassungsgerichts werden durch das Gesetz nicht geändert. Sie waren bislang im Bundesverfassungsgerichtsgesetz geregelt, das mit einfacher Mehrheit im Bundestag geändert werden könnte. Mit der Verankerung im Grundgesetz würde für eine Änderung künftig eine Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht.

Die grundlegenden Regeln des Gerichts würden dem Zugriff einer einfachen Mehrheit entzogen und damit eine Säule der liberalen Demokratie gestärkt, sagte der frühere Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der das Gesetz mit erarbeitet hatte. Es sei ein gutes Zeichen für die Demokratie, dass trotz Wahlkampfs die Parteien der Mitte deutlich machten, dass ihnen die demokratischen Institutionen wichtig sind.

Mit dem Gesetz, auf das sich die frühere Ampel-Koalition bereits im Sommer mit der Union geeinigt hatte, wird im Grundgesetz unter anderem die Zahl der Senate und der Richterinnen und Richter sowie ihre Amtszeit festgeschrieben. Außerdem ist nun auch die Geschäftsordnungsautonomie des Gerichts im Grundgesetz verankert. Neu eingefügt wird für den Fall politischer Blockaden bei der Wahl von Verfassungsrichterinnen und -richtern ein Ersatzwahlmechanismus. Gewählt werden sie jeweils zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat. Wird in einem Organ die Wahl blockiert, kann das andere wählen. Details dazu wurden im Bundesverfassungsgerichtsgesetz ergänzt.

69 Abgeordnete votierten in namentlicher Abstimmung gegen die Änderungen. Enthaltungen gab es keine. Die Linke unterstützte das Gesetz. AfD und BSW lehnten es ab. Sie kritisierten vor allem den Ersatzwahlmechanismus, bei dem im Fall einer Blockade im Bundestag der Bundesrat mehr Richter wählen könnte. Dort würden vor allem Unionsparteien und SPD entscheiden, kritisierte der AfD-Abgeordnete Fabian Jacobi. „Das geht so nicht“, sagte die BSW-Abgeordnete Amira Mohamed Ali.

Befürworter des Gesetzes betonten, dass der Mechanismus nur im Not- und Ausnahmefall greifen soll. Sie hoben heraus, dass die Absicherung der Arbeitsweise des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz dessen wirksames Funktionieren garantieren soll. Der Rechtsstaat sei „die innerste Bastion unserer Demokratie“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Wenn Autokraten an die Macht kommen, wenden sie sich fast immer als erstes gegen die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der Justiz“, sagte Faeser.

Die Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts hätten sich seit Jahrzehnten bewährt, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andreas Lindholz (CSU). Der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen sagte, man müsse sich auf extremistische Bedrohungen vorbereiten.