Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnt angesichts der starken AfD-Ergebnisse bei der Europawahl in Ostdeutschland vor einer wachsenden Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschen. „In sozialen Netzwerken lese ich nach der Europawahl jetzt Sätze wie: ‘Wo bleibt die Dankbarkeit der Ostdeutschen?’ Das sind Fragen, die wir jetzt gerade nicht brauchen“, sagte Ramelow. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) äußerte sich besorgt und will mehr Gespräche zwischen Ost- und Westdeutschen arrangieren.
Er habe den Eindruck, dass viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen noch nie in den ostdeutschen Ländern gewesen sind. „Mancher kennt sich auf Mallorca besser aus als in Sachsen oder Thüringen“, sagte Wüst dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der CDU-Politiker schlug einen Austausch vor, „wie wir ihn von europäischen Städtepartnerschaften kennen“. „Denn Austausch schafft Vertrauen und öffnet Perspektiven für mehr Verständnis untereinander“, sagte Wüst.
Ramelow: Ost muss sich nicht entschuldigen
Ramelow sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, der Osten habe sich nicht für Wahlergebnisse zu entschuldigen. Man solle ihn vielmehr als Chance begreifen. „Stattdessen geht die emotionale Einheit zunehmend krachen. Dass man von Ostdeutschen Dankbarkeit erwartet, treibt diese Spirale weiter an“, sagte der aus Westdeutschland stammende Linkenpolitiker.
Bei der Europawahl am Sonntag hat die AfD in Deutschland laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis 15,9 Prozent der Stimmen bekommen und landete damit als zweitstärkste Kraft hinter den Unionsparteien (CDU: 23,7 Prozent, CSU 6,3 Prozent). In den ostdeutschen Bundesländern wurde die AfD stärkste Partei und gewann dort auch in vielen Landkreisen, Städten und Gemeinden bei zeitgleich abgehaltenen Kommunalwahlen.