Eine Inkasso-Firma könnte sich in Brüssel eine goldene Nase verdienen: EU-Mittel in Milliardenhöhe landen zu Unrecht bei Begünstigten. Um das Geld zurückzuholen, lässt sich die Kommission viel Zeit.
Brüssel lässt es beim Wiedereintreiben von unberechtigten EU-Hilfen an Nachdruck mangeln. Das geht aus einem Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs hervor, der am Dienstag in Luxemburg veröffentlicht wurde. Demnach gab es zwischen 2014 und 2022 Ausgaben in Höhe von 14 Milliarden Euro, bei denen die Empfänger die Anforderungen nicht erfüllten. Allein um eine Rückforderung zu stellen, habe die EU-Kommission teils fast zwei Jahre gebraucht. Bis zur Erstattung verstrichen dann noch einmal drei bis fünf Monate.
“Die rasche Einziehung falsch ausgegebener EU-Gelder sollte mit aller Entschiedenheit verfolgt werden”, sagte Jorg Kristijan Petrovic, für die Prüfung zuständiges Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. “Das ist die EU den Steuerzahlern schuldig. Erfolgt keine Wiedereinziehung, so würde dies das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU schwer beschädigen.”
Dem Rechnungshof zufolge wurden 4,2 Prozent des EU-Haushalts im Jahr 2022 vorschriftswidrig ausgegeben. Da aber nur 20 Prozent des Budgets direkt von der EU-Kommission verwaltet würden, sei es mitunter schwierig, die Mittel zurückzuholen. Insbesondere rügt der Bericht, dass der Anteil zu Unrecht gezahlter Agrarförderungen erheblich sei und die Einziehungsquoten sich seit 2006 nicht verbessert hätten.
Die Prüfer unterbreiteten der Kommission Vorschläge, wie sich Fehler schneller feststellen und die Rückforderung beschleunigen ließe. Weiter regten sie an, Mitgliedstaaten für falsch ausgegebene EU-Mittel in Haftung zu nehmen, wie dies früher schon der Fall war. Außerdem forderten sie die EU-Kommission auf, in ihrem Jahresbericht genaue und vollständige Daten über vorschriftswidrige Ausgaben sowie über Korrekturmaßnahmen vorzulegen.