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Prozessstart um Verbot des rechtsextremen Magazins “Compact”

Vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig läuft das Hauptverfahren zum Verbot des rechtsextremen Magazins “Compact”. Die Bundesregierung sieht Verfassungsfeindlichkeit, “Compact” beruft sich auf die Pressefreiheit.

Unter dem gestrengen Blick gleich zweier deutscher Kaiser ist am Dienstag der Prozess um das Verbot des rechtsextremen “Compact”-Magazins vor dem Bundesverwaltungsgericht gestartet. Das Verfahren in Leipzig findet unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Klägerseite um “Compact”-Herausgeber und Chefredakteur Jürgen Elsässer geht davon aus, dass das von der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Juli 2024 verfügte Verbot nach dem Vereinsrecht nicht haltbar ist und gegen die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit verstößt.

Die Vertreter der Bundesregierung argumentieren, über das “Compact”-Magazin verfolgten die Kläger eine Änderung der verfassungsrechtlichen Ordnung, die sie auf aggressiv-kämpferische Art durchsetzen wollten. Wenn sich ein Medium gegen die verfassungsgemäße Ordnung richte, “ist ein Verbot möglich”, so der Vertreter der Bundesregierung, Wolfgang Roth. Dass ein Verbot von Presseunternehmen “Sache des bundesrechtlichen Vereinsrechts ist”, sei auch Konsens zwischen Bundes- und Landesgesetzgebern.

Die Presse- und Meinungsfreiheit sei nicht bedroht. So seien auch bei einem erfolgreichen Verbot nur das “Compact”-Magazin und andere Angebote der dahinterstehenden Compact-Magazin GmbH eingeschränkt. Die Betroffenen könnten sich weiter im Rahmen der Meinungsfreiheit äußern, als Journalisten arbeiten und auch neue Pressemedien herausgeben, soweit dies keine eindeutigen “Nachfolge-Organsationen” seien, sagte Roth. Er verwies auch darauf, dass “Compact” sowohl vom Bundesverfassungsschutz als auch vom Verfassungsschutz des Landes Brandenburg als “gesichert rechtsextrem” eingestuft wird.

“Compact”-Anwalt Ulrich Vosgerau erklärte, die Compact-Magazin GmbH von Elsässer falle “als Ein-Personen-GmbH genau so wenig unter Vereinsrecht wie der Westdeutsche Rundfunk”. Das Presserecht sei zudem in Deutschland Ländersache, und über ein Verbot von Presseorganen und anderen Medien könne nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das Verbotsverfahren des Innenministeriums sei die “Todesstrafe für eine juristische Person”. Elsässer selbst sagte, er allein führe das Magazin, an dem mittlerweile auch der frühere AfD-Politiker André Poggenburg Anteile halte. “Im Verlag bin ich der Diktator”, so Elsässer.

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgericht prüft nun die einzelnen Aspekte des Falles. Wann ein Urteil fällt, ist noch offen. Nach dem Erlass des Verbots hatte die Compact-Magazin GmbH dagegen geklagt und im Eilverfahren die Aussetzung des Verbots bis zum Abschluss der jetzt laufenden Hauptverhandlung erstritten. Daher kann das Magazin bislang weiter erscheinen. Auch andere vom Verbot betroffene Angebote wie Youtube-Kanäle sind weiter online verfügbar. Das Verfahren um die ebenfalls verbotene Produktionsfirma Conspect Film GmbH, die zum “Compact”-Umfeld gehört, wurde eingestellt, da das Unternehmen aufgelöst wird und sich in Liquidation befindet.

Die damalige Bundesregierung hat das Verbot mit dem “verfassungsfeindlichen, aggressiv-kämpferischen Agieren der Compact-Magazin GmbH” begründet. “Compact” gelte als “zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene”. Mit seinen Publikationen und Online-Auftritten propagiere das Magazin “ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept, das nach ihrer Ansicht ethnisch Fremde aus dem Staatsvolk ausschließen will”. Ihre Rechtsauffassung will die Bundesregierung auch mit neuen Beweisen stützen, die bei Durchsuchungen von “Compact” und anderen Objekten der GmbH beim Vollzugs des Vereinsverbots sichergestellt wurden.

Im Verfahren hatte der Vertreter des Bundes, Wolfgang Roth, eine Vielzahl von Beispielen aus “Compact” und Reden Elsässers vorgetragen, die nach Sicht des Innenministeriums die völkische Ausrichtung des Magazins belegen. Dem widersprach Elsässer vehement: “Der Grundirrtum ist, mich und ‘Compact’ als rechts oder rechtsextrem einzustufen. Wir haben zwar rechte Autoren, aber ‘Compact’ ist nicht rechts”. Zudem sei Zuspitzung und “werbende Sprache” im Medienbereich üblich, argumentierten die Compact-Anwälte: “Ein Presseorgan muss sich einer scharfen, angreifenden Sprache bedienen”, dies müsse bei Fragen nach der angeblichen Verfassungsfeindlichkeit berücksichtigt werden.

Sollte das Gericht das Verbot mit Hilfe des Vereinsrechts bestätigen, tritt es unmittelbar in Kraft. “Compact” und die weiteren medialen Angebote müssten ihr Erscheinen einstellen. “Compact” könnte zwar noch das Bundesverfassungsgericht anrufen. Dies hätte aber keine aufschiebende Wirkung. Jürgen Elsässer hatte bereits vor Beginn der Verhandlung indirekt angekündigt, ein neues Magazin könne dann unter anderem Namen, zum Beispiel seinem eigenen, erscheinen.

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.