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Protest gegen Bischöfe: Chef der polnischen Kirchenagentur KAI tritt zurück

Polens katholische Bischöfe wollen offenbar direkt Einfluss auf die Arbeit der führenden nationalen Nachrichtenagentur für Religionsthemen nehmen. Der Chefredakteur pocht auf die redaktionelle Unabhängigkeit und geht.

Polens katholische Nachrichtenagentur KAI steht vor dem Aus in ihrer jetzigen Form. Der seit der Gründung der Agentur 1993 als Chefredakteur und Geschäfsführer tätige Journalist Marcin Przeciszewski trat von beiden Ämtern zurück, weil die polnischen Bischöfe beschlossen hätten, “die Katolicka Agencja Informacyjna (Katholische Informationsagentur, KAI) trotz der formalen Beibehaltung ihres Namens und Logos faktisch zu liquidieren”. Das teilte Przeciszewski am Freitag in Warschau mit.

Die Bischofskonferenz wolle die KAI in eine eigene neue “Mediengruppe” eingliedern und ihr “die Möglichkeit einer unabhängigen journalistischen Arbeit” nehmen, erklärte er weiter. Ziel des bereits im März von der Vollversammlung gefassten Beschlusses sei “keine redliche Schilderung der religiösen und kirchlichen Realität im Einklang mit den Regeln des journalistischen Handwerks”, sondern die Verbreitung von “positiven Informationen” unter Kontrolle der kirchlichen Strukturen. Die Pressestellen der Polnischen Bischofskonferenz und des Erzbistums Warschau antworteten zunächst nicht auf Anfragen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Warschaus Erzbischof Adrian Galbas leitet den Programmrat der KAI.

Der 66-jährige Przeciszewski ist einer der einflussreichsten katholischen Journalisten des Landes. Am Freitag moderierte er im Parlamentsgebäude in Warschau ein von der KAI intiiertes polnisch-ukrainisches Gebetsfrühstück mit dem Gnesener Erzbischof und Primas Wojciech Polak, dem Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk und Politikern beider Länder und Geistlichen verschiedener Konfessionen.

Nach Informationen der KNA hat Przeciszewski seinen Rücktritt bereits Mitte Juni bei der jüngsten Vollversammlung der polnischen Bischöfe offiziell erklärt. Er wolle bis zur Berufung eines Nachfolgers beide Ämter fortführen, hieß es. 2018 wurde ihm der päpstliche Gregoriusorden verliehen, die höchste päpstliche Auszeichnungen für Laien.

Die KAI gehört einer Stiftung der Bischofskonferenz und arbeitet bisher weitgehend autonom. Sie berichtet laufend über kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen im In- und Ausland. Nach eigenen Angaben ist sie die zweitgrößte religiöse Agentur in Europa. In Polen ist sie für Journalisten die führende Informationsquelle zu Kirchenthemen. Kunden sind viele kirchliche und säkulare Medien, die sie abonniert haben.

Przeciszewski betonte: “Da ich immer versucht habe, für das Wohl der Kirche zu arbeiten – und dies war das einzige Ziel der von mir geleiteten Katholischen Inforamationsagentur -, habe ich angesichts der angekündigten Änderungen keine andere Wahl, als mich im Einklang mit meinem Gewissen und meiner Professionalität als Journalist von meiner Position als Vorstandsvorsitzender zurückzuziehen.”

Das bisherige Konzept der Agentur sei für die Kirche von Vorteil, so der Gründer und Chef der KAI. Die Agentur vertrete den katholischen Standpunkt in wichtigen öffentlichen Debatten, ohne die Autorität der Bischofskonferenz einzubeziehen. Das Konzept entspreche kirchlichen Vorbildern aus dem Ausland. An dessen Erstellung seien unter anderen die inzwischen verstorbenen Kardinäle Jozef Glemp und Franciszek Macharski beteiligt gewesen, so Przeciszewski. Autor des von den Bischöfen beschlossenen Umstrukuierungsplans ist ihm zufolge der Pressesprecher der Bischofskonferenz, der Jesuit Leszek Gesiak.