Artikel teilen:

Polens Regierung uneins über verschärfte Migrationspolitik

Ministerpräsident Tusk hat die vorübergehende Aussetzung des Asylrechts in Polen angekündigt. Linke Minister seiner Regierung lehnen den neuen Kurs ab. Auch nach einer Kabinettssitzung sind noch viele Fragen offen.

Polens Regierung hat am Dienstag eine neue “Migrationsstrategie” gebilligt. Sie heiße “Kontrolle zurückgewinnen. Sicherheit gewährleisten”, schrieb Ministerpräsident Donald Tusk am Abend nach einer Kabinettssitzung auf der Online-Plattform X. Der linke Vizeregierungschef Krzysztof Gawkowski gab allerdings bekannt, dass alle Minister seiner Partei gegen die Aussetzung des Asylrechts gestimmt hätten. Damit ist offen, ob für die geplante Änderung der Migrationspolitik im Parlament eine Mehrheit zustande kommt.

Gawkowski sagte im TV-Sender Polsat News: “Sicherheit ja, aber auch Menschlichkeit.” Man werde nicht dazu beitragen, das Gesetz zu brechen. Tusk erklärte, die Entscheidung sei schwierig gewesen, aber “dringend notwendig”. Einzelheiten gaben zunächst weder Tusk noch seine Regierungskanzlei bekannt. Der rechtsliberale Politiker hatte zuvor angekündigt, keine Migranten mehr über die eigene Landesgrenze zu Belarus nach Polen lassen zu wollen. Dafür solle das Asylrecht vorübergehend ausgesetzt werden.

Russland und Belarus holten Geflüchtete aus Asien und Afrika nach Belarus und versuchten, sie nach Polen einzuschleusen, um das Land zu destabilisieren, hatte Tusk am Wochenende erklärt. Das Asylrecht werde in “diesem Krieg instrumentalisiert” und habe nichts mit Menschenrechten zu tun.

Neben der Linkspartei hat ein weiterer Juniorpartner von Tusks Bürgerplattform Vorbehalte gegen den neuen Kurs: die liberale Partei Polen 2050. Sie setzte nach eigenen Angaben durch, “dass die vorübergehende Aussetzung der Bearbeitung von Asylanträgen in einer Situation ernsthafter Bedrohung nur unter parlamentarischer Kontrolle erfolgt”. Es gehe um Sicherheit für Kinder, schwangere Frauen und andere schutzbedürftige Personen, schrieb Regionalministerin Katarzyna Pelczynska-Nalecz auf X.

Tusk hatte bei seinem Vorstoß auf Finnland verwiesen, das seine Grenze zu Russland für Migranten geschlossen habe. Das Parlament in Helsinki hatte im Juli ein ein Jahr lang geltendes Gesetz angenommen, wonach Sicherheitskräfte an der Grenze zum östlichen Nachbarland alle Asylsuchenden zurückweisen sollen. “Es ist unser Recht und unsere Pflicht, die polnischen und europäischen Grenzen zu schützen”, betonte der 67-Jährige am Montag. Seine Regierung werde diese Aufgabe erfüllen und mit niemandem über die Grenzsicherung verhandeln. Das Recht auf Asyl ist in der polnischen Verfassung verankert. In Artikel 56 heißt es: “Ausländer genießen in Polen gemäß den im Gesetz bestimmten Grundsätzen das Asylrecht.”

Tusks Regierung setzte an der Grenze zu Belarus den Bau eines fünf Meter hohen Zaunes fort, den die Vorgängerregierung begonnen hatte.