„Ich bin sehr froh, dass sich mal jemand für dieses Thema interessiert“, sagt Anna-Elisabeth Stein. Die Stadtführerin freut sich auch darüber, dass der Bamberger Kreuzweg vor einigen Jahren restauriert worden ist. „Das wurde Zeit, denn mit seiner über 500-jährigen Geschichte ist er doch etwas ganz Besonderes.“
Bamberg wurde auf sieben Hügeln erbaut
Seit dem Jahr 1503 warten die Stationen auf Pilger und andere Andächtige oder Staunende. Von St. Elisabeth bis zu St. Getreu verläuft der Weg leicht ansteigend. Man merkt es in den Beinen: Die Stadt ist wie Rom auf sieben Hügeln erbaut worden.
Die vielgestaltigen Darstellungen der Steinreliefs, die den Weg vom Haus des Pilatus‘ zum Kalvarienberg illustrieren, überraschen durch ihre Ausdrucksstärke. Immer beleben mindestens ein halbes Dutzend Figuren die Szenen. Sie sollen nach Vorlagen des Künstlers Wolfgang Katzheimer entstanden sein, der in Bamberg wirkte – meist im Auftrag der Bischöfe. Als Schöpfer vermutet man den Bildhauer Adam Kraft, der den stilistisch ähnlichen Nürnberger Kreuzweg geschaffen hatte.
Die Kreuzwegstationen zeigen, wie der gekrümmt stehende Jesus mühsam das Kreuz schultert, während man ihn mit Folterwerkzeugen traktiert. Man sieht seine in Ohnmacht fallende Mutter, klagende Frauen und Simon von Cyrene, der gezwungen wird, Jesus zu helfen. Veronika ist dargestellt, die von Jesus ihr Schweißtuch mit dem Abdruck seines Antlitzes zurückerhält. Schließlich ist der hingestreckte Jesus zu sehen. Man erkennt, wie ein Soldat ihn an den Haaren zieht. Ein anderer grinst hämisch und zerrt an dem Seil, das um den Leib Jesus geschlungen ist.
Der Bamberger Kreuzweg weist nur sieben Stationen auf. „Das war seinerzeit die Regel“, weiß die Stadtführerin. Erst während der Barockzeit sei die Anzahl verdoppelt worden. Sechs Etappen sind im Freien, die letzte Station befindet sich in der St. Getreu-Kirche: ein beeindruckendes Heiliges Grab mit farbigen, fast lebensgroßen Sandsteinfiguren. Es versteckt sich hinter dem barocken Kreuzaltar und den bühnenartig dahinterliegenden Raum erschließenden Durchgängen.
Gestiftet von einem weitgereisten Ritter
Die Szenen des Kreuzwegs sind mit erklärenden Bildunterschriften versehen, die das Verständnis fördern sollten. „Früher war es üblich, dass Adelige Kreuzwege für diejenigen anlegen ließen, die nicht ins Heilige Land reisen konnten“, erfährt man von Anna-Elisabeth Stein. Gestiftet wurde diese Via Dolorosa von Ritter Heinrich Marschalk von Ebneth zu Raueneck, der mit Gefolge in Jerusalem gewesen war. Dort hatte er auch die Schritte von Station zu Station gezählt. Genau in diesen Abständen folgen die Bamberger Darstellungen aufeinander. So braucht man etwa von der fünften zur sechsten Station nicht weniger als 1100 Schritte – bergauf wohlgemerkt.
Dass man die Kreuzwegstationen wieder bewundern kann, ist dem Engagement einer Denkmal-Stiftung zu verdanken. Salze hatten den Steinreliefs zugesetzt. „Ursprünglich waren die Reliefs sogar bunt“, informiert die Stadtführerin. Doch an die Wiederherstellung der Farbigkeit sei nicht gedacht. Wie der Kreuzweg tatsächlich einmal genau ausgesehen hat, wird man wohl nicht mehr herausfinden. Denn schon der Bauernkrieg hatte ihm 1525 zugesetzt. „Zwischen 1602 und 1953 sind elf weitere Reparaturen überliefert“, heißt es in einer Stadtchronik. Ritter Marschalk muss ein vorausschauender Mann gewesen sein. Er finanzierte die Errichtung des Kreuzwegs und gründete 1519 zudem eine Stiftung für den Erhalt. Das Kapital ist allerdings längst aufgebraucht.
Der Kreuzweg führt stadtauswärts
Nicht nur von kunsthistorischer, sondern immer noch von religiöser Bedeutung – so kann man den Charakter des Bamberger Kreuzwegs zusammenfassen. Denn einmal im Jahr machen sich die Gläubigen der Dompfarrei betend auf den Weg. So wird das Anliegen des Heinrich Marschalk auch nach einem halben Jahrtausend noch erfüllt.
Der Bamberg-Besucher, der auf dem Kreuzweg spaziert, bewegt sich aus der Stadt heraus. Er lässt die Sandstraße mit ihren vielen Kneipen hinter sich und läuft unterhalb der barocken Residenz und dem Rosengarten entlang, wo es sich einst die Fürstbischöfe gut gehen ließen. In die andere Richtung knickt der stille Benediktinerweg zum ehemaligen Kloster um die Michaelskirche ab. Am Ende des Wegs lädt hinter St. Getreu die im Grünen liegende Villa Remeis zu einer Kaffeepause – Blick über die Stadt und ihre Kirchtürme inklusive.
n Information: Bamberg Tourismus: (09 51) 29 76-200, Internet: www.bamberg.info.