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Pianist Levit: Ich kann seit einer Woche nicht ans Klavier

Der jüdische Pianist Igor Levit kann die Bilder der von der Hamas ermordeten Familie Bibas nicht vergessen. Die Anteilnahme an ihrem Schicksal hält er für beschämend gering.

Der in Hannover lehrende Pianist Igor Levit
Der in Hannover lehrende Pianist Igor Levitepd-bild/Andrea Enderlein

Die Übergabe der von der Hamas ermordeten Mitglieder der Bibas-Familie an Israel hat den jüdischen Pianisten Igor Levit nach eigener Aussage zutiefst wütend gemacht. “Ich kann seit einer Woche nicht ans Klavier”, sagte er bei einem jüdischen Jugendkongress in Hamburg. “Ich bin sehr froh, gerade keine Konzerte zu haben. Ich kriege diese Bilder nicht aus dem Kopf.”

Schiri und Jarden Bibas waren zusammen mit ihren kleinen Kindern Kfir und Ariel am 7. Oktober 2023 von der Terrororganisation Hamas aus einem israelischen Kibbuz in den Gaza-Streifen entführt wurden. Ihr Schicksal wurde in Israel zum Symbol für die Grausamkeit der Hamas und ihrer Verbündeten. Während der Vater Anfang Februar lebend freikam, wurden die Mutter und die beiden Söhne getötet. Ihre Leichen wurden vergangene Woche an Israel übergeben.

Levit: Schicksal der Bibas-Familie stößt auf Ignoranz

Levit kritisierte, dass das Schicksal der Familie in Deutschland und in vielen anderen Ländern auf Ignoranz stoße. “Ich war bei einer Mahnwache in Berlin, da waren 80 traurige Menschen.” Das sei “fast niemand”, obwohl die Veranstaltung Tage vorher angekündigt gewesen sei.

Angesprochen auf die Bundestagswahl sagte Levit, der Erfolg der AfD sei für ihn nicht überraschend. Alle Zahlen seien seit Wochen und Monaten bekannt gewesen. “Diese Wahl ist für mich ein Kontinuum von dreieinhalb beschissenen politischen Jahren”, so der Pianist und Aktivist. Er habe keine Lust mehr, sich über die AfD “den Mund fusselig zu reden”. Parolen, Aufrufe und offene Briefe hätten zu nichts geführt. “Entweder es wird eine bessere Politik gemacht, oder diese Leute werden immer stärker.”