Der Freistaat soll mehr Engagement bei der Aufarbeitung von Missbrauch und Gewalt zeigen. Das fordert die Petition einer Initiative an den Landtag. Am Mittwoch wurde sie offiziell übergeben.
Der Freistaat Bayern soll nach dem Vorbild des Bundes eigene Strukturen zur unabhängigen Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch in Institutionen schaffen. Das ist die Kernforderung einer Petition, die am Mittwoch im Bayerischen Landtag übergeben wurde. Angestoßen hat sie der Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising. Eine Gruppe von Betroffenen überreichte die Forderungen an die Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Familie, Jugend und Familie, Doris Rauscher (SPD), sowie an ihren Stellvertreter Thomas Huber (CSU).
Die Initiatoren verlangen unter anderem, einen Unabhängigen Landesbeauftragten, eine Unabhängige Aufarbeitungskommission und einen landesweiten Betroffenenbeirat zu schaffen. Zudem sollen weitere Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung sexualisierter, körperlicher, psychischer, spiritueller und körperlicher Gewalt in allen Institutionen, nicht nur in den Kirchen, unternommen werden. Unterstützt wird die Petition, die ein Jahr lang von Betroffenen, Wissenschaftlern und weiteren Fachleute erarbeitet wurde, von beiden großen Kirchen im Freistaat.
Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Münchner Erzdiözese, Richard Kick, erklärte bei der Übergabe, der Staat solle endlich in die Verantwortung genommen werden und die Aufklärung von Missbrauch nicht den sogenannten Täterorganisationen überlassen. In der Petition sei so viel verankert worden, was sofort in ein Gesetz gegossen werden könnte. Ein solches sei auch dringend nötig. Die Betroffenen müssten endlich mitreden können, damit nicht nur über sie gesprochen und entschieden werde.
Rauscher sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), sie halte die Anliegen für berechtigt und hoffe, diese noch vor der Sommerpause auf die Tagesordnung des Ausschusses zur Beratung setzen zu können. Dafür sei aber zuvor eine Stellungnahme des Sozialministeriums zur Petition nötig. Auf die Frage, ob die geforderten Einrichtungen an den staatlichen Finanzen möglicherweise scheitern könnten, befand die SPD-Politikerin, dies wäre ein unangemessenes Argument angesichts des vielen Leids, das die Betroffenen erfahren hätten.
Zu den Unterzeichnern zählen neben Kick unter anderen Robert Köhler vom Verein Ettaler Missbrauchs- und Misshandlungsopfer und der ehemalige Polizist Ignaz Raab, Vorsitzender der Unabhängigen Aufarbeitungskommission der Landeshauptstadt München. Mitgearbeitet an dem Text haben die Juristin Susanne Nothhafft und die Pädagogin Annette Eberle. Beide lehren als Professorinnen an der Katholischen Stiftungshochschule München. Beteiligt war auch der Münchner Rechtsanwalt Martin Pusch, der mit seiner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl mehrere Gutachten zum Thema für Bistümer im deutschen Sprachraum erstellt hat.